Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörerinnen und Hörer,
schön, dass ihr euch heute Zeit für diese Andacht nehmt. Unser Blick geht zu einem Feld voller Blumen – genauer gesagt: zu den Lilien, die Jesus selbst als Beispiel genommen hat.
„Seht die Lilien, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch aber, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.“
Lukas 12,27
„Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen sollt, noch für euren Leib, was ihr anziehen sollt. Das Leben ist mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung.“
Lukas 12,22–23
„Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“
1. Petrus 5,7
Die Lilien – sie tun nichts. Sie arbeiten nicht, sie spinnen nicht, sie rennen keinem Terminkalender hinterher. Und doch stehen sie da, leuchtend schön, ohne ein Gramm Stress. Jesus stellt sie uns vor Augen, fast so, als wollte er sagen: Schaut hin, so sieht Vertrauen aus. Kein frommes „Alles egal“, sondern ein Leben, das in Gottes Hand liegt.
Wir kennen das Gegenteil: ein Kopf voller Sorgen, Listen, Termine, Rechnungen. Wir hetzen, wir planen, wir schuften. Und dann kommt dieser Satz von Jesus und stoppt uns: „Das Leben ist mehr als Nahrung, mehr als Kleidung.“ Mehr – das heißt: nicht weniger wichtig, sondern tiefer. Essen und Kleidung gehören dazu. Aber sie sind nicht der Mittelpunkt.

Der Erste Petrusbrief greift es auf: „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ Das ist keine Einladung zum Nichtstun, sondern zur Entlastung. Es gibt Dinge, die wir gestalten können. Aber es gibt auch Dinge, die wir nicht tragen müssen, weil sie in Gottes Händen besser aufgehoben sind. Sorgen dürfen abgelegt werden, nicht weil sie unwichtig sind, sondern weil wir selbst nicht alles tragen können.
Vielleicht erinnert ihr euch an eine Geschichte aus der Corona-Zeit: In Italien haben Menschen Zettel aus ihren Fenstern gehängt mit kleinen Bitten um Hilfe – „Brauche Brot“, „Kann jemand für mich einkaufen?“. Und Nachbarn haben reagiert, ganz einfach, mit Lebensmitteln, mit Gesprächen. Diese Zettel waren wie moderne Lilien: unscheinbar, aber voller Vertrauen, dass jemand hinschaut. (Quelle: Tagesschau, März 2020)

Jesus lädt uns dazu ein, auch heute Lilien-Momente zu suchen: Augenblicke, in denen wir innehalten, in denen wir die Verantwortung nicht krampfhaft festhalten, sondern loslassen. Vielleicht beim Anblick einer Blume am Straßenrand. Vielleicht beim tiefen Atemzug im Zug zwischen zwei Terminen. Vielleicht im stillen Gebet am Abend. Wir müssen nicht alles machen. Gott kleidet uns. Und manchmal auch schöner, als wir es uns je selbst zutrauen würden.

Herr, unser Gott,
du kennst meine Sorgen besser als ich selbst.
Hilf mir, loszulassen, wo ich nichts ändern kann.
Schenke mir das Vertrauen der Lilien,
und die Gelassenheit, heute nicht mehr tragen zu müssen, als nötig ist.
Danke, dass du für mich sorgst.
Amen!
