Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
es gibt Geschichten, die so unglaublich klingen, dass man sie zweimal lesen muss. Kiribati ist eine dieser Geschichten. Ein Staat mitten im Pazifik, dessen Tage gezählt sind – nicht wegen Krieg oder politischer Unruhen, sondern wegen uns. Wegen des Klimawandels. Wegen der Meere, die steigen. Wegen unseres Lebensstils. Kiribati ist ein Ort, der uns heute fragen lässt: Wie gehen wir um mit der Schöpfung – mit der Erde, mit den Menschen, mit unserer Verantwortung?
Kiribati – das sind 33 Inseln und Atolle, verstreut auf einer riesigen Fläche im Pazifik, über 8000 Kilometer von Deutschland entfernt. Die Menschen dort leben von Fischfang, Kokosnüssen und einer Gemeinschaft, die tief verbunden ist mit dem Meer. Doch das Meer, das ihnen Nahrung und Leben schenkt, wird zum Feind. Der Meeresspiegel steigt, Inseln verschwinden, Felder versalzen, Häuser stürzen ins Wasser. Eine Insel namens Tebua Tarawa gibt es bereits nicht mehr. Und weitere Orte, wie das Dorf Tebunginako, wurden schon aufgegeben. Der Klimawandel ist für die Menschen dort keine Theorie. Er ist Alltag.

Der damalige Präsident Anote Tong kaufte schon 2014 Land in Fidschi – nicht als Spekulation, sondern als Rückzugsort für sein ganzes Volk. „Migration mit Würde“ nannte er das. Kein Land dieser Welt hat je geplant, freiwillig umzuziehen. Aber Kiribati muss. Weil wir es ihnen schwer gemacht haben, zu bleiben.
Es ist so leicht, die Schuld anderen zuzuschieben. Aber in der Bibel lesen wir einen ganz anderen Blick auf Verantwortung:
„Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“
1. Mose 2,15
Das ist der Auftrag: bebauen – und bewahren. Nicht ausbeuten. Nicht ignorieren. Nicht zerstören. Wir sind als Menschen berufen, auf das Leben zu achten – auf unseres und das der anderen.
Aber was bedeutet das für uns, die wir weit weg von Kiribati leben? Man könnte sagen: Das ist doch nicht unser Problem. Aber Gott sieht das anders:
„Denn der ganze Leib besteht aus vielen Gliedern, aber alle Glieder sind ein Leib.“
1. Korinther 12,12
Wenn ein Glied leidet, leiden alle mit. Wenn ein Land untergeht, geht auch ein Teil unserer Menschlichkeit mit unter. Wenn wir nur zusehen, wie andere Menschen ihre Heimat verlieren, weil wir weiter konsumieren wie immer – dann stimmt etwas nicht.
Und doch: Hoffnung ist nicht verloren. Denn es gibt Menschen, die handeln. Die sich für Gerechtigkeit und Umwelt einsetzen. Die Plastik vermeiden. Die umdenken. Die politisch Druck machen. Die Gottes Schöpfung ernst nehmen.
Jesus selbst sagte einmal etwas sehr Konkretes:
„Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“
Matthäus 25,40
Wenn wir den Menschen von Kiribati helfen – oder denen, die durch den Klimawandel ihr Zuhause verlieren –, dann ist das kein Almosen. Es ist Gottesdienst. Es ist Glaube in Aktion.
Vielleicht denkst du jetzt: Was kann ich schon tun? Aber vielleicht ist gerade das die Frage, die wir alle stellen sollten. Denn aus kleinen Schritten entstehen Bewegungen. Und vielleicht ist der erste Schritt heute: zuhören. Und dann weitermachen.
Und es ist keine ferne Zukunft mehr: Laut aktuellen Klimadaten und wissenschaftlichen Prognosen könnte Kiribati bereits zwischen 2050 und 2070 vollständig unbewohnbar sein. Nicht weil es schlagartig untergeht, sondern weil das Meer schleichend alles durchdringt – Brunnen versalzen, Felder können nicht mehr bestellt werden, Infrastruktur wird weggespült. Der Weltklimarat (IPCC) hat bestätigt: Selbst bei Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze ist ein Anstieg des Meeresspiegels nicht mehr aufzuhalten – nur sein Tempo. Für ein Land wie Kiribati, das im Schnitt nur zwei Meter über dem Meeresspiegel liegt, bedeutet das: Die Zeit läuft. Und zwar schneller, als wir denken.

Aber die Menschen dort – ihre Würde, ihr Mut, ihr Zeugnis – dürfen nicht vergessen werden. Und vielleicht wird ihr Schicksal für uns zum Weckruf.
Gott, du Schöpfer dieser Welt, wir danken dir für die Schönheit deiner Erde – für Ozeane, Inseln, Menschen, Tiere.
Vergib uns, wo wir deine Schöpfung achtlos behandeln. Lass uns erkennen, dass jedes Leben zählt.
Gib uns Mut zur Umkehr und Kraft zum Handeln.
Lass uns nicht gleichgültig sein, sondern mitfühlend und verantwortlich.
Schenke den Menschen auf Kiribati Hoffnung, Bewahrung und Frieden.
Und führe auch uns auf deinen Weg.
Amen!
