383 – Freiheit und Hoffnung – Erinnerungen an die „Prager Botschaft“

383 – Freiheit und Hoffnung – Erinnerungen an die „Prager Botschaft“

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörerinnen und Hörer,

heute möchte ich euch an ein bedeutendes Ereignis der deutschen Geschichte erinnern, das vielen Menschen in Europa bis heute als Symbol der Hoffnung und Freiheit im Gedächtnis geblieben ist. Am 30. September 1989 sprach der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher auf dem Balkon der westdeutschen Botschaft in Prag jene berühmten Worte: „Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise möglich geworden ist.“ Für viele Tausend Menschen aus der DDR, die in der Prager Botschaft Zuflucht gesucht hatten, bedeuteten diese Worte die Erlösung von wochenlangen Ängsten und Ungewissheit. Sie durften in die Bundesrepublik ausreisen. Es war ein Moment des tiefen Aufatmens, ein Gefühl der Befreiung, das sich in unbeschreiblichem Jubel entlud.

Dieses historische Ereignis hat nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa einen Meilenstein gesetzt. Die mutigen Flüchtlinge aus der DDR und die westdeutschen Diplomaten, die sich für ihre Freiheit einsetzten, wurden Teil einer Bewegung, die nur wenige Wochen später in den Mauerfall und schließlich in die Wiedervereinigung Deutschlands mündete.

Dabei dürfen wir nicht vergessen: Diese Menschen waren Flüchtlinge – sie suchten Zuflucht und Hoffnung in einem fremden Land. Tschechen, Slowaken und viele andere Nationen halfen ihnen in dieser Zeit. Sie gaben den Flüchtlingen Schutz, während die deutsche Teilung noch unüberwindbar schien. Ist das nicht ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Mitmenschlichkeit und Solidarität nationale Grenzen überwinden können?

Die Bibel gibt uns dazu ein wichtiges Gleichnis. In 3. Mose 19,34 heißt es:

„Der Fremdling, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn Fremdlinge seid ihr im Land Ägypten gewesen.“
3. Mose 19,34

Dieser Vers erinnert uns daran, dass auch wir, wie die Menschen damals, jederzeit in die Situation kommen können, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Die deutsche Geschichte zeigt es uns: Ein Volk, das auf Flucht und Exil aufgebaut ist, kann nie vergessen, wie es sich anfühlt, selbst ein Fremdling zu sein. Es ist unsere Pflicht, mit den Augen der Nächstenliebe zu sehen, genauso wie Jesus es uns vorgelebt hat.

Jesus selbst war ein Flüchtling. Schon als Kind musste er mit Maria und Josef nach Ägypten fliehen, um dem Tod zu entkommen. In Matthäus 2,13-15 lesen wir:

„Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir’s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, dass er’s umbringe.“
Matthäus 2,13-15

In der Geschichte der „Prager Botschaft“ sehen wir, wie Nationen über ihre eigenen Interessen hinausgehen, um anderen zu helfen. Menschen in Not wurde eine Hand gereicht. Und das ist genau das, was wir auch heute tun sollten: Fremde aufnehmen, ihnen eine Chance geben und ihnen den Weg in die Freiheit ermöglichen – so wie es den DDR-Flüchtlingen damals erging. Auch heute gibt es Menschen, die auf der Suche nach Sicherheit und Freiheit sind. Es liegt an uns, diese Menschen mit offenen Armen zu empfangen, ihnen zuzuhören und ihnen beizustehen. Denn wer sind wir, über das Schicksal anderer zu urteilen?

Wenn wir auf die Geschichte der „Prager Botschaft“ blicken, dann erkennen wir, wie durch Solidarität und Mitgefühl Menschenleben verändert wurden. Es ist ein Zeugnis dafür, dass das Streben nach Frieden und Freiheit immer lohnenswert ist, auch wenn es manchmal unmöglich erscheint.

Deutsche und Migranten - es geht auch zusammen gut, DALL·E, prompted by Michael Voß
Deutsche und Migranten – es geht auch zusammen gut, DALL·E, prompted by Michael Voß

Lasst uns diese Erinnerung als Auftrag nehmen, unseren Nächsten in Not beizustehen – ohne Rücksicht auf Nationalität oder Herkunft. Die Botschaft der Bibel ist zeitlos: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Mögen wir in dieser Liebe handeln und anderen Menschen eine Zuflucht bieten, wie es auch uns einst gewährt wurde.

Herr, wir bitten dich, schenke uns offene Herzen und die Kraft, Fremde als unsere Nächsten anzunehmen. Lass uns in deinem Namen denen dienen, die auf der Suche nach Freiheit und Schutz sind. Sei du ihre Zuflucht und unsere Stärke in allen Herausforderungen, denen wir begegnen.

Amen.

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