762 – Und sie kamen frei

762 – Und sie kamen frei

Liebe Leserinnen und Hörer, lieber Leserkreis, liebe Zuhörer!

Gestern war in Israel ein Tag der Freude – und der Tränen. Gestern kamen die letzten noch lebenden israelischen Geiseln frei, die seit dem brutalen Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 in Geiselhaft gehalten wurden. Zwei Jahre lang saßen sie in Angst, Unsicherheit und Dunkelheit. Ihre Rückkehr war ein Freudenfest, ein Moment der Hoffnung, ja ein Aufatmen für viele Familien. Und doch bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Denn mit ihnen kehrt nicht einfach der Frieden zurück – weder nach Israel noch nach Gaza. Der Schmerz, das Leid, die unzähligen Toten und Verletzten sind noch da. Und viele Fragen bleiben offen.

Diese Ereignisse erinnern uns daran, wie zerbrechlich Frieden ist – und wie viel Leid Unversöhnlichkeit bringt. Die Gewalt des damaligen Überfalls hat tiefe Spuren hinterlassen: bei Israelis, bei Palästinensern, in der ganzen Welt. Auch in der Ukraine wütet weiterhin ein Krieg, der unzählige Menschen das Leben, ihre Heimat und ihre Sicherheit gekostet hat. Und während wir hier sitzen, sicher, mit warmem Tee in der Hand und Nachrichten auf dem Smartphone, kämpfen andere ums nackte Überleben.

Was kann man da überhaupt sagen?

Ein erster Impuls kommt aus einem der Trostpsalmen:

„Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.“
Psalm 147,3

Gott sieht das Zerbrochene. Er sieht die Menschen, die gefoltert wurden. Die Kinder, die ihre Eltern verloren haben. Die Mütter, die ihre Söhne beerdigen mussten. Er schaut nicht weg. Das ist der erste Trost: Gott sieht. Und Gott verbindet. Vielleicht nicht sofort, vielleicht nicht so, wie wir es erwarten. Aber seine heilende Kraft beginnt oft da, wo Menschen füreinander einstehen, einander trösten, für Frieden beten und handeln.

Und dann hören wir dieses Wort Jesu aus der berühmten Bergpredigt:

„Selig sind die Friedensstifter; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
Matthäus 5,9

Jesus vermittelt Frieden, Sora, prompted by ChatGPT
Jesus vermittelt Frieden, Sora, prompted by ChatGPT

Jesus sagt nicht: „Selig sind die, die Frieden haben.“ Sondern: „Selig sind die Friedensstifter.“ Also die, die etwas dafür tun. Die einen Schritt auf den anderen zugehen. Die Brücken bauen – auch wenn es weh tut. Die anfangen, obwohl alles in ihnen schreit: „Der andere soll doch zuerst!“

Das ist schwer. Sehr schwer. Gerade in einer Zeit, in der die Lage scheinbar festgefahren ist, in der Hass das Gespräch ersetzt hat, und der Wunsch nach Vergeltung größer ist als der Wille zur Verständigung. Aber Jesus ruft uns nicht zum Weg des einfachen Rechthabens. Er ruft uns zum mutigen Schritt auf den anderen zu. Und das beginnt im Kleinen: im Gespräch, im Gebet, in der Haltung.

Ich habe kürzlich eine kurze Nachricht gelesen: Ein junger Israeli, dessen Bruder beim Hamas-Überfall getötet wurde, sagte nach der Freilassung der Geiseln: „Ich freue mich, dass sie frei sind. Und ich bete, dass auch auf der anderen Seite eines Tages Mütter nicht mehr um ihre Kinder weinen müssen.“ Das hat mich berührt. Denn es zeigt: Frieden beginnt dort, wo Menschen nicht nur ihr eigenes Leid sehen, sondern auch das des anderen. Das ist schwer, fast übermenschlich – aber genau das meint Jesus mit „selig sind die Friedensstifter“.

Auch in der Ukraine hoffen viele auf Frieden. Auch dort ist das Leid unbeschreiblich. Auch dort werden Geiseln gehalten – nicht immer sichtbar, aber in Angst, Ohnmacht, Unsicherheit. Auch dort schreit die Erde nach Gerechtigkeit. Wie gut, dass Gott auch dort nicht wegschaut. Und dass wir ihn darum bitten dürfen, dass er Herzen bewegt – auch die der Mächtigen.

Friedensgebet, Sora, prompted by ChatGPT
Friedensgebet, Sora, prompted by ChatGPT

Was können wir tun?

Zunächst: hören. Nicht wegsehen. Nicht abstumpfen. Nicht sagen: „Ach, schon wieder Krieg…“ Sondern hinhören, mitfühlen, mitleiden – ohne zu resignieren.

Dann: beten. Nicht, weil das das Mindeste ist. Sondern weil es das Größte ist, was wir tun können. Unser Gebet hat Macht. Nicht, weil wir so stark sind – sondern weil Gott hört.

Und schließlich: handeln. Unterstützen. Weitertragen. Reden. Helfen. Informieren. Frieden beginnt mit Haltung. Mit unserer. Auch wenn es nur ein Tropfen ist – wir wissen nie, welche Wellen er schlägt.

Der Tag der Geiselfreilassung in Israel ist ein Freudenfest. Und gleichzeitig ein Tag, an dem wir uns daran erinnern: Echte Freiheit gibt es nur, wenn alle frei sind. Und Frieden ist mehr als Waffenruhe – er ist Versöhnung, Hoffnung, neue Gemeinschaft.

Gott hat uns nicht einen Geist der Angst gegeben – sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

Lasst uns Friedensstifter sein. In unseren Familien. In unserem Umfeld. Und mit unserem Glauben.

Zwei Frauen, eine Hoffnung, Sora, prompted by ChatGPT
Zwei Frauen, eine Hoffnung, Sora, prompted by ChatGPT

Gott, wir bitten dich für alle, die in Gefangenschaft waren oder noch sind.

Heile ihre Wunden, tröste ihre Familien, gib ihnen neuen Mut.

Wir bitten dich für Israel und Palästina, für alle, die um Frieden ringen.

Gib du Gedanken des Friedens, nicht des Verderbens.

Und lehre uns, selbst Friedensstifter zu sein – mit Worten, mit Taten, mit unserem ganzen Sein.

Segne auch die Ukraine und alle Orte, an denen Hass noch stärker ist als Hoffnung.

Verwandle Herzen. Beginne bei uns.

Amen!


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