792 – Neuanfang wagen

792 – Neuanfang wagen

Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,

gestern ging es um den Mut zur Versöhnung. Heute soll es darum gehen, was danach kommt. Denn echte Versöhnung ist mehr als ein Händedruck oder ein klärendes Gespräch. Sie ist der Auftakt zu etwas Neuem. Aber wie sieht dieser Neuanfang aus – und woher nehmen wir die Kraft dazu?

Es gibt diese Momente, da ist etwas ausgesprochen, vergeben, klargestellt. Man spürt: Jetzt liegt ein Weg offen. Doch genau da beginnen oft auch die Zweifel. Können Menschen sich wirklich ändern? Kann ich es? Oder schleppen wir alles Alte nur weiter – unter neuem Etikett?

Nachdenkliche Café-Momente, Sora, prompted by ChatGPT
Nachdenkliche Café-Momente, Sora, prompted by ChatGPT

Die Bibel ist da überraschend eindeutig – und erstaunlich hoffnungsvoll.

„Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“
2. Korinther 5,17

Das ist ein radikaler Satz. Paulus spricht nicht von kleinen Korrekturen, sondern von einem ganz neuen Sein. Nicht: „Du wirst etwas besser“, sondern: „Du wirst etwas anderes“. Das Alte ist nicht nur vergeben – es ist überwunden. Der Neuanfang ist nicht kosmetisch, sondern tiefgreifend. Wer mit Christus geht, fängt wirklich neu an.

Und wie beginnt das konkret? Jesus selbst erzählt dazu eines seiner eindrücklichsten Bilder – über einen Sohn, der alles verloren hat. Und doch neu anfangen darf.

„Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir […] Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater.“
Lukas 15,18–20

Der Sohn bleibt nicht bei der Einsicht stehen. Er steht auf. Er geht los. Der Weg zurück ist schwer – aber der Vater wartet nicht mit verschränkten Armen. Er rennt ihm entgegen. Der Sohn beginnt neu – nicht, weil er es verdient hätte, sondern weil er geliebt wird.

Das ist die Kraftquelle jedes geistlichen Neuanfangs: nicht der eigene Wille, nicht das perfekte Verhalten, sondern die Beziehung zum Vater. Das Wissen: Ich bin angenommen. Ich darf neu anfangen, nicht weil ich alles richtig mache, sondern weil ich gewollt bin.

Rückkehr des verlorenen Sohnes, Sora, prompted by ChatGPT
Rückkehr des verlorenen Sohnes, Sora, prompted by ChatGPT

Eine Geschichte, die mir nicht aus dem Kopf geht, erzählte der niederländische Theologe Henri Nouwen. Er besuchte einmal das berühmte Gemälde „Die Heimkehr des verlorenen Sohnes“ von Rembrandt in St. Petersburg. Tagelang saß er davor, stundenlang. Und irgendwann erkannte er: Der Vater auf dem Bild hat zwei sehr unterschiedliche Hände – eine stark und männlich, eine sanft und weiblich. Für Nouwen war das der Moment, in dem er verstand: Gott ist stärker, größer, zärtlicher als wir es je fassen können. Und genau deshalb ist Neuanfang möglich – weil wir nicht allein zurückkehren.

Vielleicht ist genau heute so ein Moment. Vielleicht hat die Versöhnung gestern eine Tür geöffnet – und heute ist der erste Schritt hindurch dran. Vielleicht steht auch noch ein Gespräch aus. Oder der Neuanfang beginnt leise: mit einem Gebet, einem ehrlichen Satz, einem Schritt auf jemanden zu.

Zögernder Besucher, Sora, prompted by ChatGPT
Zögernder Besucher, Sora, prompted by ChatGPT

Neuanfang heißt nicht, dass alles sofort anders ist. Aber er heißt: Ich glaube, dass es mit Gottes Hilfe anders werden kann. Und: Ich bin nicht festgelegt auf das, was war. Sondern ich bin eingeladen in das, was werden kann.


Guter Gott,

du schenkst neue Anfänge, wo wir nicht mehr weiterwissen.

Du vergibst, aber mehr noch: Du verwandelst.

Hilf mir, den nächsten Schritt zu gehen – mutig, ehrlich, mit dir.

Ich danke dir, dass ich nicht festgelegt bin auf meine Fehler.

Mit dir darf ich neu beginnen.

Amen!


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