Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
gestern ging es um Berufung mitten ins echte Leben. Heute sehen wir, dass echtes Leben nicht ohne Reibung funktioniert. In Apostelgeschichte 6 erleben wir, wie Streit nicht das Ende ist – sondern oft der Anfang von etwas Gutem, wenn wir den Mut haben, uns der Sache zu stellen.
Die Gemeinde wächst. Das ist erstmal gut. Aber mit dem Wachstum kommen auch Spannungen.

Die griechischsprachigen Christinnen und Christen – also Menschen mit anderer kultureller Herkunft – fühlen sich benachteiligt. Ihre verwitweten Frauen würden bei der täglichen Essensverteilung übersehen, sagen sie. Das klingt nach einem logistischen Problem. Aber in Wahrheit ist es mehr: Es geht um Gerechtigkeit. Und um das Gefühl, dazuzugehören – oder eben nicht.
„In diesen Tagen aber, als die Zahl der Jünger zunahm, erhob sich ein Murren der griechischen Juden gegen die Hebräer, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung übersehen wurden.“
Apostelgeschichte 6,1
Kleinigkeit? Nein. Denn genau hier zeigt sich, ob christlicher Glaube nur Worte sind – oder gelebte Wirklichkeit. Wie reagiert die Leitung der Gemeinde?
„Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen, um bei den Tischen zu dienen.“
Apostelgeschichte 6,2
Das klingt vielleicht auf den ersten Blick überheblich. So nach dem Motto: „Das ist uns zu niedrig.“ Aber das Gegenteil ist der Fall. Sie erkennen: Jeder Dienst ist wichtig. Aber nicht jeder kann alles tun. Deshalb sollen andere diese Aufgabe übernehmen – Menschen, die man kennt und denen man zutraut, diese Herausforderung gut zu meistern.
„Darum, Brüder, seht euch nach sieben Männern aus eurer Mitte um, die einen guten Ruf haben und voll Geist und Weisheit sind, die wir für diesen Dienst einsetzen wollen.“
Apostelgeschichte 6,3
Diese Entscheidung zeigt Stärke. Nicht Machterhalt, sondern Machtteilung. Und das Ergebnis? Die Leute stimmen zu. Einer von ihnen ist Stephanus, über den wir übermorgen mehr hören werden. Er ist nicht nur ein guter Organisator, sondern „voll Glaubens und Heiligen Geistes“, wie es heißt.

„Und die Rede gefiel der ganzen Menge; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia.“
Apostelgeschichte 6,5
So kann es gehen, wenn Menschen sich zuhören. Wenn man statt „die da drüben“ lieber sagt: „Wie lösen wir das gemeinsam?“ Es ist ein Beispiel für gesunde Gemeindekultur – in einer Welt, die oft lieber polarisiert als verbindet.
Das Spannende: Die Geschichte bleibt nicht bei der Organisation stehen. Der Text endet mit einem Paukenschlag:
„Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem; auch eine große Zahl der Priester wurde dem Glauben gehorsam.“
Apostelgeschichte 6,7

Was mit Streit begann, endet mit Wachstum. Warum? Weil die Menschen nicht davonliefen. Weil sie Verantwortung übernahmen. Und weil sie verstanden: Eine Gemeinde lebt davon, dass Menschen füreinander einstehen – nicht gegeneinander.
Vielleicht brauchst du heute genau diesen Mut: einen Konflikt nicht unter den Teppich zu kehren, sondern offen anzusprechen. Vielleicht bist du dran, Verantwortung abzugeben. Oder du bist berufen, neue Verantwortung zu übernehmen. Und vielleicht merkst du: Es geht nie nur um dich. Sondern immer auch um die anderen. Genau das macht Kirche aus.
Gott, wir danken dir für deine Geduld mit uns.
Für deinen Geist, der verbindet, was sonst auseinanderdriftet.
Lehre uns, aufeinander zu hören, einander zu vertrauen und unsere Aufgaben miteinander zu tragen.
Und segne uns, damit wir wachsen – nicht nur in Zahlen, sondern in Liebe.
Amen!

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