Seid herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser – egal ob ihr mit Gott unterwegs seid oder ihn vielleicht gerade erst sucht.
Heute schauen wir gemeinsam auf Psalm 43 – einen kurzen, aber tief bewegenden Text aus einer Zeit, in der sich jemand von Gott verlassen fühlte. Ein Gebet, das auch heute noch so aktuell ist, wie damals. Denn wer kennt sie nicht – diese innere Unruhe, das Fragen, das Bitten um Licht und Wahrheit?
„Gott, schaffe mir Recht und führe meine Sache gegen ein unheiliges Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten.“
Psalm 43,1
Schon der erste Vers bringt es auf den Punkt: Der Beter fühlt sich ungerecht behandelt, umgeben von Lüge, Täuschung und Unheiligkeit. Und er wendet sich mit einem Hilferuf an Gott: „Schaffe mir Recht.“ Aber das ist kein lautes Fordern. Es ist ein stilles, zutiefst verletzliches Gebet. Denn was tun wir, wenn uns Unrecht widerfährt – innerlich? Wir geraten aus dem Gleichgewicht. Zweifel nagen an uns. Angst klopft an. Vielleicht kennt ihr solche Situationen, in denen man sich fragt: Wo ist Gott jetzt?
„Denn du bist der Gott meiner Stärke. Warum hast du mich verstoßen? Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich drängt?“
Psalm 43,2

Diese Worte sind schon fast eine Anklage: „Du bist doch meine Stärke – aber warum fühle ich mich so verlassen?“ Zwischen Glaube und Zweifel, zwischen Hoffnung und Verzweiflung bewegt sich dieser Psalm. Und genau das macht ihn so menschlich. Wir dürfen Gott unsere Fragen stellen. Ja, sogar unsere Anklagen. Denn echter Glaube ist kein glattes, steril poliertes Gebäude, sondern manchmal eher ein Haus mit Rissen – aber es steht.
In solchen Momenten braucht es nicht viele Worte. Es braucht Wahrheit. Und Licht. Genau darum bittet der Psalmist weiter:
„Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung.“
Psalm 43,3

Was für ein schönes Bild: Gottes Licht und Wahrheit als Wegweiser. Vielleicht geht es dir auch gerade so: Du wünschst dir Klarheit. Orientierung. Einen sicheren Ort. Dann ist dieser Vers wie eine Taschenlampe im Dunkeln. Nicht alle Probleme lösen sich sofort – aber Gottes Licht reicht immer für den nächsten Schritt. Und seine Wahrheit ist nicht eine Theorie, sondern eine Person. Jesus sagte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ (vgl. Johannes 14,6)
„Dass ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.“
Psalm 43,4
Aus der Bitte wird eine Perspektive. Der Psalmist rechnet mit Gottes Eingreifen. Er sieht sich schon im Tempel, am Altar, voller Freude und Dank. Das ist ein geistliches Prinzip: Hoffnung sehen, bevor sie da ist. Freude fühlen, obwohl es noch weh tut. Weil Gott nicht am Rand steht, sondern mittendrin – auch im Leid. Was für ein Glaube!
Und dann kommt der letzte Vers – ein Vers, der wie ein Selbstgespräch klingt, wie eine innere Predigt:
„Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“
Psalm 43,5
Manchmal müssen wir uns selbst zureden. So wie ein guter Freund uns trösten würde. Oder wie eine Schwester, die uns Mut macht. „Harre auf Gott“ – das heißt: Gib nicht auf. Auch wenn alles in dir schreit. Auch wenn du nicht weißt, wie es weitergeht. Diese Formulierung zieht sich durch mehrere Psalmen. Sie ist wie ein Herzschlag des Vertrauens. Nicht triumphal. Sondern ehrlich, brüchig, stark – gerade im Zweifel.
Eine Geschichte aus dem echten Leben fällt mir dazu ein: Der Vater von Dietrich Bonhoeffer war Psychiater. Als Bonhoeffer ins Gefängnis kam und dort diese dunklen Tage durchlebte, schickte sein Vater ihm einen einzigen Satz: „Vertraue der Dunkelheit nicht mehr als dem Licht.“ Das klingt fast wie Psalm 43. Eine Erinnerung daran, dass Gott nicht aufhört zu leiten – auch wenn wir ihn gerade nicht sehen.
Also: Wenn du dich heute innerlich aufgewühlt fühlst, wenn du gegen Unrecht kämpfst, wenn du zweifelst, ob Gott wirklich auf deiner Seite steht – dann darfst du Psalm 43 beten. Wort für Wort. Du darfst dich selbst ermutigen. Du darfst warten – mit Hoffnung.
Guter Gott, wenn unsere Seele unruhig ist, sei du unsere Ruhe.
Wenn wir im Dunkeln tappen, sende du dein Licht.
Wenn wir zweifeln, halte uns fest – mit deiner Wahrheit.
Und wenn wir nicht mehr glauben können, dann glaube du an uns.
Danke, dass du uns nicht verlässt.
Amen!
