Liebe Leserinnen und Hörerinnen, liebe Leser und Hörer,
Weltfriedenstag – so nennen wir in Deutschland diesen 1. September. Er ist kein „netter Aktionstag“, sondern erinnert an den Einschnitt, der alles veränderte: Am 1. September 1939 begann mit dem Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf Polen der Zweite Weltkrieg. In der DDR wurde der 1. September als „Tag des Friedens“ beziehungsweise „Weltfriedenstag“ begangen; in der Bundesrepublik prägten Gewerkschaften und Friedensinitiativen den 1. September seit 1957 als Antikriegstag. Und ja: Der katholische Weltfriedenstag liegt am 1. Januar, der UN-Friedenstag am 21. September – heute ist ausdrücklich die deutsche Erinnerung gemeint. Nie wieder Krieg ist kein Slogan. Es ist ein Schwur.

„Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Matthäus 5,9
„Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Kein Volk wird wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ Jesaja 2,4

„Er wird richten zwischen großen Völkern … Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen … und jedermann wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.“ Micha 4,3–4
„Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“ Römer 12,18
„Lass ab vom Bösen und tu Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!“ Psalm 34,15
Diese Sätze sind alt – und unbequem aktuell. Frieden ist hier nicht nur eine Stimmung, sondern eine Aufgabe mit Muskeln. „Selig sind die Friedfertigen“ heißt nicht: „Selig sind die Stillen, die alles hinnehmen.“ Es heißt: Selig sind die, die Frieden machen. Also Menschen, die sich in Konflikte stellen, Brücken bauen zwischen verfeindeten Gruppen, Recht suchen und Gewalt begrenzen. Frieden ist kein Sofa. Frieden ist Handwerk.
Am Weltfriedenstag dürfen wir nicht so tun, als wäre die Welt fern. Kriege laufen – jetzt, heute: der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine; der Krieg in und um den Gazastreifen, der Menschen in Gaza in eine Hungerkatastrophe stürzt; der Bürgerkrieg im Sudan mit einer der größten Vertreibungen unserer Zeit; Myanmar, wo seit dem Putsch 2021 landesweit gekämpft wird; die Gewalt im Osten der DR Kongo, in der Region um Goma; dazu andauernde Konflikte in Syrien und im Jemen. Diese Liste ist unvollständig – aber sie reicht, um zu verstehen: Frieden ist nicht selbstverständlich.
Vielleicht spürst du den Impuls: „Was soll ich denn da ausrichten?“ Verständlich. Aber die Bibel gibt einen realistischen Weg: „Ist’s möglich, soviel an euch liegt …“ (Röm 12,18). Das ist kein Freispruch fürs Nichtstun, sondern eine Einladung zum Konkreten. Was „an dir liegt“, ist mehr, als du denkst: zuhören, wo Menschen verhärten; widersprechen, wo Menschen entwürdigt werden; geben, wo Not drückt; beten – nicht als Ausrede, sondern als Treibstoff.

Ein Bild aus unserer Geschichte hilft: In den 1980ern trugen Jugendliche in der DDR das Abzeichen „Schwerter zu Pflugscharen“. Ein biblisches Wort wurde sichtbar – und riskant. Es war keine naive Romantik, sondern ein stiller, beharrlicher Widerspruch gegen Militarismus. Das Abzeichen machte Menschen nicht automatisch heilig. Aber es formte Gewissen. Und Gewissen formt Geschichte.
Was heißt das heute, ganz bodenständig?
Erstens: Wissen statt Wegschauen. Informiere dich gezielt über wenigstens einen aktuellen Konflikt – und bleib dran. Seriöse Quellennachweise, nicht nur Schlagzeilen. Das schützt dein Herz vor Zynismus und deine Meinung vor Lautstärke.
Zweitens: Großzügig statt gleichgültig. Unterstütze eine Organisation, die in Konfliktgebieten verlässlich arbeitet – medizinisch, humanitär, seelsorgerlich. Kleine Dauerbeträge wirken stabilisierend, wenn die Kameras längst weitergezogen sind.
Drittens: Reden, das rettet. Unser Umgangston ist ein Vorlauf von Frieden oder Unfrieden. „Suche Frieden und jage ihm nach“ heißt: Friedensjagd beginnt in unseren Sätzen – offline, online, am Küchentisch.
Viertens: Kontakt zur Politik. Heute ist ein guter Tag für eine sachliche Mail an eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten: Welche Priorität hat die zivile Krisenprävention? Wie steht es um humanitäre Korridore, Minenräumung, psychosoziale Hilfe?

Fünftens: Beten und handeln – beides. Beten ist kein Rückzug. Beten bindet uns an Gottes Herz für Menschen. Und es macht uns hellhörig für den nächsten Schritt, der wirklich an uns liegt.
Zum Schluss zwei Wahrheiten, die zusammengehören: Gottes Vision ist größer als unsere Nachrichtenlage – Schwerter zu Pflugscharen, Waffen zu Werkzeugen. Und: Diese Vision lässt sich nicht delegieren. Sie will Hände, Stimmen, Portemonnaies, Kalender und Fantasie. Heute. Weltfriedenstag ist Erinnerung und Auftrag.
Gott des Friedens, du kennst die Namen derer, die wir nur als „Opferzahlen“ hören. Heile, was zerbrochen ist. Schütze, wer schutzlos ist. Stärke, wer Versöhnung wagt. Leite die Mächtigen zu gerechtem Handeln. Und form uns – Herz, Mund und Hände –, damit wir Frieden suchen und ihm nachjagen, wo immer wir leben. Durch Christus, unseren Frieden.
Amen!
