Liebe Leserinnen und Leser,
in den letzten Tagen hat eine kontroverse Forderung die Schlagzeilen beherrscht. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, fordert, ukrainische Kriegsflüchtlinge in ihre Heimat zurückzuschicken, wenn sie in Deutschland keine Arbeit aufnehmen. Diese Forderung hat scharfe Kritik von verschiedenen Seiten hervorgerufen, insbesondere von der SPD und den Grünen. Doch wie können wir diese Situation aus einer christlichen Perspektive betrachten?
Als Christen sind wir dazu aufgerufen, Menschen in Not zu helfen. In Matthäus 25, 35-36 heißt es:
„Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.“
Diese Worte Jesu erinnern uns daran, dass unser Mitgefühl und unsere Hilfe nicht an Bedingungen geknüpft sein sollten. Wenn wir uns Christen nennen, dann müssen wir unsere Türen und Herzen für die Schwachen und Schutzlosen öffnen. Die Ukrainer, die vor dem Krieg geflohen sind, haben oft alles verloren – ihre Häuser, ihre Familien und ihre Sicherheit. Sie in eine unsichere Situation zurückzuschicken, nur weil sie keine Arbeit gefunden haben, widerspricht dem Geist der Nächstenliebe, den wir verkörpern sollten.
Ein weiteres biblisches Beispiel finden wir im Alten Testament. In Levitikus 19, 33-34 steht geschrieben:
„Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“
Hier wird deutlich gemacht, dass wir als Gastland eine besondere Verantwortung tragen. Die Aufforderung, den Fremdling wie einen Einheimischen zu behandeln und ihn zu lieben wie uns selbst, fordert uns auf, die Sorgen und Nöte dieser Menschen ernst zu nehmen und sie nicht einfach abzuschieben, wenn sie keinen wirtschaftlichen Nutzen bringen.
Die Forderung der CSU steht im Widerspruch zu den christlichen Werten von Mitgefühl und Nächstenliebe. Ja, es ist wichtig, dass Flüchtlinge, wenn möglich, eine Arbeit aufnehmen und sich integrieren. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass viele von ihnen traumatisiert sind und Zeit brauchen, um in einer neuen Umgebung Fuß zu fassen. Der Druck, sofort produktiv sein zu müssen, ignoriert die menschliche Seite ihrer Situation.
Eine Geschichte, die mir erzählt wurde, illustriert dies sehr gut: Eine Frau, die aus der Ukraine geflohen war, fand nach vielen Monaten der Unsicherheit und Angst endlich Zuflucht in Deutschland. Sie hatte ihren Mann im Krieg verloren und war mit ihren zwei kleinen Kindern alleine. Die Sprachbarriere und die seelischen Wunden machten es ihr schwer, sofort Arbeit zu finden. Doch die Hilfe und Unterstützung der Gemeinschaft gaben ihr Hoffnung und Kraft, sich ein neues Leben aufzubauen. Diese Unterstützung ermöglichte es ihr, nach einiger Zeit eine Arbeit zu finden und ihre Kinder in Sicherheit aufzuziehen. Solche Geschichten zeigen, wie wichtig Geduld und Mitgefühl sind.
Lasst uns als Christen unsere Verantwortung ernst nehmen und uns für diejenigen einsetzen, die in Not sind. Lasst uns daran erinnern, dass wahre Nächstenliebe bedingungslos ist und dass wir, indem wir den Bedürftigen helfen, Gottes Liebe in der Welt sichtbar machen.
Himmlischer Vater, wir bitten dich, schenke uns die Weisheit und das Mitgefühl, um für diejenigen da zu sein, die deine Hilfe am dringendsten benötigen. Lass uns Werkzeuge deiner Liebe und deines Friedens sein.
Amen!