Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörerinnen und Hörer,
es gibt Bibelverse, die uns herausfordern. Einer davon steht im Buch Jeremia:
„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s auch euch wohl.“
Jeremia 29,7
Dieser Vers wurde an Menschen geschrieben, die in der Fremde lebten. Das Volk Israel war nach Babylon verschleppt worden, weit weg von ihrer Heimat, ihrer Kultur, ihrem Tempel. Viele wollten einfach nur zurück nach Hause. Doch Gott gibt ihnen einen anderen Auftrag: Sie sollen sich um das Wohl der Stadt kümmern, in der sie nun leben. Das klingt überraschend! Warum sollten sie für ihre Feinde beten, für eine Stadt, die sie gefangen hält?
Aber genau das ist Gottes Weg. Er fordert uns heraus, nicht nur für uns selbst zu leben, sondern unser Umfeld aktiv zu gestalten – auch dann, wenn es nicht ideal ist. Wir können das auf heute übertragen: Wie oft klagen wir über unsere Stadt, unser Land, unsere Gesellschaft? Vielleicht sagen wir: „Hier läuft so vieles schief!“, „Die Politik ist schlecht!“, „Die Menschen sind egoistisch!“ Doch statt uns zurückzuziehen oder uns nur zu beschweren, ruft Gott uns auf, einen Unterschied zu machen.
Wir sollen uns engagieren, wo wir sind. Das kann bedeuten, sich für Gerechtigkeit einzusetzen, anderen Menschen zu helfen oder einfach ein guter Nachbar zu sein. Und – das dürfen wir nicht vergessen – Gott bittet uns, für unsere Stadt zu beten. Denn wenn es unserer Stadt gut geht, geht es auch uns gut. Ein friedliches Umfeld, gerechte Strukturen und eine starke Gemeinschaft sind nicht nur für „die anderen“ wichtig, sondern auch für uns selbst.
Ein gutes Beispiel dafür ist eine Geschichte, von der ich einmal gehört habe. Ein älterer Mann namens Willi lebte in einem Viertel, in dem oft Jugendliche herumlungerten. Sie saßen in Gruppen zusammen, machten Lärm und hinterließen manchmal Müll. Willi ärgerte sich darüber, aber eines Tages entschied er sich, nicht mehr nur zu schimpfen, sondern etwas zu verändern. Er nahm sich vor, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Zuerst war es nur ein einfaches „Hallo“, dann bot er ihnen einmal Kekse und Limonade an. Nach und nach kamen sie ins Gespräch. Die Jugendlichen hörten auf, vor seinem Haus Lärm zu machen, und begannen, ihn zu respektieren. Einige fragten ihn sogar um Rat. Jahre später kamen einige von ihnen zurück und bedankten sich bei ihm – denn seine Freundlichkeit hatte sie geprägt.

Das ist ein kleines, aber schönes Beispiel dafür, was passiert, wenn man sich einsetzt. Die Stadt, das Viertel, die Nachbarschaft – sie verändern sich, wenn wir aktiv werden und uns für das Gute einsetzen. Vielleicht denkst du: „Aber ich bin doch nur eine Person, was kann ich schon bewirken?“ Die Antwort ist: mehr, als du denkst. Ein Gebet, ein gutes Wort, ein aktives Mitgestalten – all das hinterlässt Spuren.

Gott fordert uns nicht auf, nur an uns selbst zu denken, sondern unser Umfeld zu prägen. Wo kannst du heute anfangen? Vielleicht mit einem Gebet für deine Stadt. Vielleicht mit einer kleinen Tat der Freundlichkeit. Vielleicht mit dem Mut, dich dort zu engagieren, wo du gebraucht wirst. Lass uns das Beste für unsere Stadt suchen – denn wenn es ihr gutgeht, geht es auch uns gut.
Herr, hilf uns, unsere Stadt mit deinen Augen zu sehen. Lass uns nicht nur kritisieren, sondern anpacken. Schenke uns Mut, Gutes zu tun, und segne unser Umfeld durch unser Wirken.
Amen!