Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
wir leben in einer Welt, die digital vernetzt ist wie nie zuvor. Unsere Energieversorgung, unsere Kommunikation, ja selbst unsere medizinische Versorgung hängt von Systemen ab, die wir nicht sehen, nicht anfassen und oft nicht verstehen. Und doch verlassen wir uns auf sie. Doch was, wenn diese Systeme angegriffen werden? Was, wenn der Strom ausfällt, die Daten verschwinden und plötzlich gar nichts mehr funktioniert?
In den letzten Wochen haben Nachrichten über Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen für Aufsehen gesorgt. Besonders im Energiesektor scheint die Lage angespannt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik warnt: Die Angriffsflächen wachsen. Und mit ihnen wächst auch unsere Unsicherheit.
In solchen Momenten fragen sich viele: Wer schützt uns eigentlich wirklich? Wer hat noch alles im Griff? Und was, wenn irgendwann nichts mehr sicher ist?
Die Bibel kennt dieses Gefühl der Unsicherheit. Menschen in biblischen Zeiten hatten andere Bedrohungen – Kriege, Dürre, Krankheit –, aber die Gefühle dahinter waren dieselben: Angst, Kontrollverlust, Ohnmacht.
Ein Satz, der in diesen Tagen besonders stark leuchtet, stammt aus dem ersten Thessalonicherbrief:
„Prüft alles, das Gute behaltet.“
1. Thessalonicher 5,21
Was für ein starker, klarer Satz! Gerade in Zeiten der digitalen Überforderung ist er aktueller denn je. Er sagt: Schau genau hin. Glaub nicht alles. Und: Wirf nicht alles weg. Behalte das Gute. Das ist keine Technikfeindlichkeit. Das ist geistliche Medienkompetenz – schon vor 2.000 Jahren.
Vielleicht ist dieser eine Vers das beste Antivirenprogramm für unseren Alltag: Er hilft, zwischen destruktiver Panikmache und hilfreichen Warnungen zu unterscheiden. Und er schützt unser Herz davor, in Zynismus oder Naivität zu kippen.
In der Apostelgeschichte erleben die Jünger eine Situation, die zwar nicht digital, aber sehr real lebensbedrohlich war. Petrus ist im Gefängnis, streng bewacht, von allen abgeschnitten. Und was tut die Gemeinde? Sie greift nicht zur Technologie – die hatten sie nicht. Sie greift zum Gebet.
„Und die Gemeinde betete ohne Unterlass für ihn zu Gott.“
Apostelgeschichte 12,5

Das Vertrauen, das sie in Gott setzen, verändert die Situation. Kein Cyberangriff wird verhindert, aber Petrus wird durch ein Wunder befreit. Und die Gemeinde lernt: Unser Schutz ist nicht nur sichtbar. Er hat Tiefe.
Im Mai 2021 wurde in den USA ein großer Pipeline-Betreiber – die Colonial Pipeline – durch einen Cyberangriff lahmgelegt. Millionen Menschen hatten Schwierigkeiten, an Benzin zu kommen. Panik brach aus, in mehreren Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen. Die technologische Verletzlichkeit wurde für viele zum ersten Mal greifbar.

Und auch wenn nicht jede Krise gleich zu Solidarität führt, so zeigen sich gerade in solchen Momenten immer wieder Zeichen von Menschlichkeit: Nachbarn helfen sich beim Transport, Fahrgemeinschaften entstehen spontan, Gemeinden organisieren Lebensmittelverteilungen. Vielleicht kein offizieller Gebetstag, aber doch stille Gesten des Zusammenhalts. Kleine, gute Dinge, die bleiben – wenn wir genau hinschauen.
Jesus selbst hat das durchlebt. Am Kreuz hing er, ohnmächtig, ausgeliefert, verspottet. Und trotzdem sprach er diese Worte:
„Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Lukas 23,46

Wenn selbst der Sohn Gottes in absoluter Dunkelheit auf Gott vertraut, dann dürfen auch wir das tun – in unseren digitalen Dunkelheiten, unseren Krisen, unseren Ängsten. Wir müssen nicht alles gutheißen, was läuft. Aber wir dürfen vertrauen, prüfen – und das behalten, was trägt.
Herr, unser Gott, bewahre uns vor blindem Vertrauen – in Systeme, Schlagzeilen oder Technik. Gib uns die Kraft, wach zu bleiben, zu prüfen, was uns begegnet – und mutig das Gute festzuhalten. Lass uns nicht im Alarmmodus leben, sondern in der Klarheit deines Geistes.
Amen!