Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
heute, am 27. Mai 2025, jährt sich der Todestag von Thomas Müntzer zum 500. Mal. Ein Mann, der bis heute polarisiert: Für die einen ein fanatischer Aufrührer, für die anderen ein mutiger Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeit. Wer war dieser Theologe, der mit dem Schwert in der Hand predigte und für eine radikale Umgestaltung von Kirche und Gesellschaft kämpfte? Was können wir heute von ihm lernen – und wo sollten wir vorsichtig sein?
Thomas Müntzer wurde um 1489 in Stolberg im Harz geboren. Nach seinem Theologiestudium in Leipzig und Frankfurt an der Oder wurde er um 1513 zum Priester geweiht. Zunächst ein Bewunderer Martin Luthers, entwickelte er bald eigene, radikalere Vorstellungen von einer gerechten Gesellschaft. Er forderte nicht nur eine Reform der Kirche, sondern auch eine Umwälzung der sozialen Ordnung. Seine Predigten waren leidenschaftlich, seine Sprache bildgewaltig. Er sah sich selbst als Werkzeug Gottes, berufen, das kommende Gottesreich auf Erden vorzubereiten.

Ein Schlüsselmoment in Müntzers Leben war die sogenannte „Fürstenpredigt“, die er am 13. Juli 1524 auf Schloss Allstedt hielt. Vor versammelter fürstlicher Obrigkeit prangerte er die Missstände der Zeit an und forderte die Fürsten auf, sich der göttlichen Ordnung zu unterwerfen. Er sprach vom Recht des „gemeinen Mannes“, sich gegen ungerechte Herrschaft zu erheben. Diese Predigt war ein offener Angriff auf die bestehende Ordnung und führte zu seiner Verfolgung.
In Mühlhausen fand Müntzer eine neue Wirkungsstätte. Dort setzte er seine Vision einer gerechten Gesellschaft um: Klöster wurden aufgelöst, Armenhäuser eingerichtet, Privilegien abgeschafft. Doch seine Ideen stießen auf Widerstand. Im Mai 1525 schloss er sich den aufständischen Bauern an, die gegen die drückende Last von Abgaben und Frondiensten rebellierten. In der Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525 wurden die Bauern vernichtend geschlagen. Müntzer wurde gefangen genommen, gefoltert und am 27. Mai 1525 vor den Toren Mühlhausens hingerichtet.

Müntzers Leben wirft viele Fragen auf: Wie weit darf der Glaube gehen? Ist Gewalt ein legitimes Mittel, um Gerechtigkeit zu erreichen? Wie können wir heute für soziale Gerechtigkeit eintreten, ohne in Fanatismus zu verfallen?
Die Bibel gibt uns Orientierung:
„Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Mächte, gegen die Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Regionen.“
Epheser 6,12
„Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.“
Matthäus 5,6
„Die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig vor Gott zur Zerstörung von Festungen.“
2. Korinther 10,4
Diese Verse zeigen, dass der Kampf für Gerechtigkeit nicht mit Gewalt geführt werden soll, sondern mit geistlichen Mitteln: mit Liebe, Geduld, Gebet und dem festen Vertrauen auf Gottes Wirken.
Müntzers Leben ist eine Mahnung und eine Herausforderung. Er erinnert uns daran, dass der Glaube nicht nur ein inneres Gefühl ist, sondern Konsequenzen für unser Handeln hat. Er fordert uns auf, nicht gleichgültig gegenüber Ungerechtigkeit zu sein. Aber er warnt uns auch vor der Gefahr, im Eifer für das Gute den Weg der Gewalt zu wählen.
Lasst uns heute an Thomas Müntzer denken – nicht um ihn zu verherrlichen, sondern um von ihm zu lernen. Lasst uns für Gerechtigkeit eintreten, aber mit den Mitteln des Friedens. Lasst uns mutig sein im Glauben, aber demütig im Handeln.
Gott, du Gott der Gerechtigkeit und des Friedens, wir danken dir für das Leben und das Zeugnis von Thomas Müntzer. Hilf uns, aus seiner Geschichte zu lernen. Gib uns den Mut, für das Rechte einzustehen, und die Weisheit, den Weg des Friedens zu wählen. Stärke unseren Glauben und leite unser Handeln durch deinen Heiligen Geist.
Amen!