662 – Der Lärm der Raketen und die leise Stimme der Verantwortung

662 – Der Lärm der Raketen und die leise Stimme der Verantwortung

Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,

Putin und Trump telefonieren miteinander, Sora, prompted by Michael Voß
Putin und Trump telefonieren miteinander, Sora, prompted by Michael Voß

was für ein erschütternder Tag – vorgestern, der 4. Juli 2025. Während an vielen Orten Menschen den Sommer genießen wollten, zerbarst über Kiew die Nacht in einem Feuerregen aus über 500 Drohnen und Raketen. Es war der schwerste Angriff seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Und er geschah nur Stunden nach einem Telefonat zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und US-Präsidenten Donald Trump. Worte am Telefon – und kurz darauf Tod und Zerstörung. Kann das Zufall sein?

Die Welt ringt um Worte. Und während auf diplomatischen Kanälen noch gesprochen wird, explodieren Häuser, sterben Menschen. Die Diskrepanz zwischen Reden und Handeln war selten so schmerzhaft sichtbar wie in diesen Tagen. Und genau das trifft auch unseren Glauben. Denn auch die Bibel kennt solche Spannungen – zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Kriegsgeheul und der stillen Stimme Gottes.

In einer Zeit, in der die Propheten um Israel weinten, spricht Jesaja ein Wort, das heute wieder klingt wie eine Mahnung:

„Weh denen, die unrechte Gesetze machen und die unrechtes Urteil schreiben, um die Armen zu verdrängen vom Recht und Gewalt zu üben am Recht der Elenden meines Volks.“
Jesaja 10,1-2

Unrecht als Gesetz – das ist keine Theorie mehr, wenn Bomben auf Zivilisten fallen. Die Stimme des Propheten Jesaja klagt die an, die ihre Macht nutzen, um Leid zu erzeugen. Und sie ruft uns alle zur Verantwortung: Schau nicht weg. Schweig nicht. Denn auch Worte können Waffen sein – oder Werkzeuge des Friedens.

Jesus, der alles andere als ein politischer Aktionist war, hat nie geschwiegen, wenn es um die Würde des Menschen ging. In der berühmten Szene der Tempelreinigung handelt er konsequent – ohne Gewalt gegen Menschen, aber mit einer klaren Botschaft: Gottes Haus ist kein Ort der Ausbeutung.

„Und er sprach zu ihnen: Es steht geschrieben (Jesaja 56,7): »Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker.« Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“
Markus 11,17

Alle Völker – auch die, die heute in Krieg gegeneinander stehen. Auch die, die glauben, im Recht zu sein. Auch die, die leiden. Jesus macht deutlich: Wenn wir nicht lernen, einander als Geschwister zu sehen, zerstören wir genau das, was Gott geschaffen hat – nämlich das Leben in Würde und Frieden.

Vielleicht fragen sich einige: Was kann ich denn tun? Ich bin weder Politikerin noch General, ich entscheide nicht über Waffen oder Friedensverträge. Aber das stimmt so nicht ganz. Denn jede und jeder von uns hat Verantwortung. Wir entscheiden über unsere Haltung. Über unser Reden. Über das, was wir mittragen – oder eben nicht.

Die heftigsten Waffen sind oft Worte. Verharmlosung, Gleichgültigkeit, Wegsehen. Aber auch unsere Gebete, unser öffentliches Reden, unser Mitgefühl sind Worte – die tragen können. Und die gehören zu denen, die laut werden müssen für die, die zum Schweigen gebracht werden sollen.

Ein altes Wort des Paulus wird geradezu prophetisch in diesen Tagen:

„Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist’s möglich, so viel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“
Römer 12,17-18

„So viel an euch liegt.“ Das ist keine Ausrede. Das ist ein Auftrag. Und wer das ernst nimmt, erkennt schnell: Frieden beginnt nicht in Konferenzräumen. Er beginnt im Herzen. In deinem und in meinem. Es geht um das, was wir glauben, was wir hoffen – und was wir leben.

Die Weltpolitik ist kein Spielfeld, auf dem wir nur Zuschauer sind. Und auch wenn wir keine Bomben bauen und keine Diplomatie verhandeln – wir haben Einfluss. Durch Worte. Durch Gebet. Durch unsere Stimme in Gesprächen, in Netzwerken, in den Medien. Und nicht zuletzt durch unser Herz, das sich berühren lässt von dem, was wirklich zählt: Leben. Gerechtigkeit. Frieden.

Trümmer in Kiew, Imagen 3, prompted by ChatGPT
Trümmer in Kiew, Imagen 3, prompted by ChatGPT

Lassen wir uns also berühren. Vom Schmerz der anderen. Von der Ungerechtigkeit, die geschieht. Aber auch von der leisen Hoffnung, dass Veränderung möglich ist. Dass Frieden nicht nur eine fromme Idee bleibt. Sondern Wirklichkeit wird – durch dich. Durch uns. Mit Gottes Hilfe.


Gott, du siehst das Leid, das Menschen einander antun.

Du siehst die Trümmer in Kiew, die Angst der Menschen, das Schweigen der Mächtigen.

Lass uns nicht stumm bleiben. Gib uns Mut zum Reden, zum Handeln, zum Beten. Heile, was zerbrochen ist.

Verändere, was versteinert ist.

Und erfülle uns mit deinem Frieden.

Amen!


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