693 – Fast überzeugt

693 – Fast überzeugt

Hinweis: Diese Andacht ist Teil der Reihe „Paulus auf dem Weg – Glaube mit allen Konsequenzen“. In Folge 692 („Macht, Angst und das Gewissen“) stand Paulus vor den römischen Statthaltern Felix und Festus. Heute begegnet er einem anderen Mann mit Einfluss – König Agrippa.

Liebe Hörerinnen und Leser,

was passiert, wenn jemand mit Macht einem Menschen begegnet, der innerlich frei ist? Wenn jemand, der alles zu verlieren hat, einem gegenübersteht, der längst alles Gott überlassen hat? In Apostelgeschichte 26 passiert genau das – und es ist eine der intensivsten Begegnungen im Neuen Testament.

Paulus steht in Ketten. Doch er spricht, als wäre er der Freiste im Raum. Ihm gegenüber: König Agrippa II., ein Mann mit Bildung, Einfluss und Geschichte. Mit dabei: Festus, römische Würdenträger, Soldaten – ein Saal voller Macht. Und doch ist es Paulus, der das Wort führt.

„Ich achte mich glücklich, König Agrippa, dass ich mich heute vor dir verantworten darf wegen all der Dinge, deren ich von den Juden beschuldigt werde, besonders weil du alle Sitten und Streitfragen der Juden genau kennst.“
Apostelgeschichte 26,2-3

Paulus beginnt respektvoll, aber nicht unterwürfig. Und dann erzählt er – nicht nur von seiner Lehre, sondern von sich selbst. Von seinem früheren Leben. Von seiner radikalen Ablehnung der Christen. Und von dem Moment, der alles veränderte:

„Mittags, o König, sah ich auf dem Weg ein Licht vom Himmel, heller als der Glanz der Sonne, das mich und meine Begleiter umstrahlte. Und ich hörte eine Stimme: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Ich bin Jesus, den du verfolgst.“
Apostelgeschichte 26,13-15

Ein grelles Licht. Eine Stimme. Ein Umbruch. Paulus beschreibt seine Bekehrung nicht mit Pathos, sondern mit Tiefe. Er verschweigt seine Schuld nicht – aber er bleibt nicht darin stehen. Er wurde berufen. Und gesendet. Und das sagt er klar:

„Ich habe mich nicht geweigert, der himmlischen Erscheinung gehorsam zu sein.“
Apostelgeschichte 26,19

Was für ein Satz. Keine Ausrede. Kein „Es war schwer“. Nur: Ich bin gegangen. Und ich gehe noch. Paulus erzählt von Umkehr, von Licht, von Hoffnung. Und dann sagt er einen Satz, der alle trifft – nicht nur Agrippa:

„Dass sie sich bekehren und zu Gott wenden und Werke tun, die der Umkehr würdig sind.“
Apostelgeschichte 26,20

Es geht nicht um neue Regeln. Es geht um ein neues Herz. Um ein Leben, das echt ist – innen wie außen. Und dann, mitten in dieser leidenschaftlichen Rede, platzt Festus dazwischen:

„Paulus, du bist von Sinnen! Zu viel Bildung macht dich wahnsinnig.“
Apostelgeschichte 26,24

Spott von Festus - ruhige Entschlossenheit von Paulus, Sora, prompted by ChatGPT
Spott von Festus – ruhige Entschlossenheit von Paulus, Sora, prompted by ChatGPT

Ein typischer Reflex. Wenn Argumente fehlen, kommt der Spott. Wenn Wahrheit unbequem wird, wird sie als Wahn abgestempelt. Doch Paulus bleibt ruhig. Und wendet sich direkt an Agrippa – den einen, der zuhört.

„Glaubst du den Propheten, König Agrippa? Ich weiß, dass du glaubst.“
Apostelgeschichte 26,27

Und Agrippa? Gibt eine Antwort, die bis heute nachklingt:

„Es fehlt nicht viel, so wirst du mich noch überreden und einen Christen aus mir machen.“
Apostelgeschichte 26,28

Fast ein Christ - so sagt es Agrippa, Sora, prompted by ChatGPT
Fast ein Christ – so sagt es Agrippa, Sora, prompted by ChatGPT

Fast. Es fehlt nicht viel. Und doch bleibt es beim „Fast“. Agrippa ist berührt – aber nicht verändert. Angerührt – aber nicht entschieden. Und Paulus? Bleibt klar:

„Ich wünschte zu Gott, dass über kurz oder lang nicht nur du, sondern alle, die mich heute hören, solche würden wie ich – ausgenommen diese Fesseln.“
Apostelgeschichte 26,29

Ein letzter Satz mit Haltung. Kein Zwang. Kein Druck. Nur Wunsch. Paulus weiß: Glaube lässt sich nicht aufzwingen. Aber er darf ausgesprochen werden. Mit Klarheit. Mit Liebe. Und mit der Hoffnung, dass der Funke überspringt.

Vielleicht bist du heute wie Agrippa: Fast überzeugt. Dann bleib nicht im „Fast“ stehen. Vielleicht bist du wie Paulus: In Ketten, aber klar im Herzen. Dann bleib dran. Denn manchmal sitzt die Freiheit nicht auf dem Thron – sondern auf der Anklagebank.


Herr, danke, dass du uns ansprichst – persönlich und ehrlich.

Lass uns nicht nur fast überzeugt sein, sondern ganz.

Gib uns den Mut, unser Leben dir wirklich zu geben.

Und hilf uns, von dir zu erzählen – nicht besserwisserisch, sondern echt, klar und voller Hoffnung.

Amen!


Fortsetzung folgt in Folge 694: „Sturmfahrt“ – Auf dem Weg nach Rom gerät Paulus ins Chaos. Doch er bleibt: ruhig. Warum?

Ein Kommentar

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