Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
heute ist der 11. September – ein Datum, das sich in das kollektive Gedächtnis der Welt eingebrannt hat. 2001 wurden in den USA bei einer Serie von Terroranschlägen fast 3.000 Menschen getötet. Millionen weitere wurden traumatisiert. Auch viele Jahre später bleibt dieser Tag ein Symbol für Angst, für Ohnmacht – und zugleich für Mitgefühl, Menschlichkeit und die große Frage: Wie geht man mit so einem Ereignis um? Und wo ist Gott in alledem?
„Sicherheit“ war für viele Menschen bis dahin ein Selbstverständnis. Dann wurde sie jäh zerschlagen – nicht nur durch die einstürzenden Türme des World Trade Centers, sondern auch durch die einstürzenden Illusionen einer Welt ohne existenzielle Bedrohung. Was bleibt, wenn die Welt, wie wir sie kennen, nicht mehr sicher ist?


Jesus selbst kannte diese Erfahrung. Er lebte in einer Welt, in der Gewalt, Terror, Angst und Unterdrückung zum Alltag gehörten. Auch seine Jünger wurden mit Angst konfrontiert – nicht zuletzt an dem Tag, als Jesus ihnen eine schwere Zukunft ankündigte.
„In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Johannes 16,33
Jesus spricht die Angst nicht klein. Er redet sie nicht schön. Aber er sagt: „Ich bin größer als das.“ Kein billiger Trost – sondern eine Zusage, die von einem kommt, der den Tod kennt, das Leid kennt, die Ohnmacht kennt. Und sie überwunden hat.
Vielleicht ist das der Punkt, an dem unser Gedenken heute mehr ist als nur Rückblick. Es ist eine Einladung: innezuhalten, die Bilder der Vergangenheit nicht zu verdrängen – aber auch zu fragen, was wir aus ihnen machen.
Denn eines ist sicher: Solche Tage bringen das Schlimmste und das Beste im Menschen hervor. Da war Zerstörung – ja. Aber da war auch Mut. Feuerwehrleute, die in einstürzende Gebäude liefen. Fremde, die sich gegenseitig halfen. Kirchen, die ihre Türen öffneten. Menschen, die füreinander da waren. Trotz aller Unterschiede.
Die Bibel spricht oft von dieser Form der Liebe – nicht als Gefühl, sondern als aktive Kraft in einer zerbrochenen Welt:
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“
Römer 12,21
Das klingt einfach, ist aber wohl das Schwierigste, was einem Menschen abverlangt werden kann. Gerade dann, wenn man betroffen ist. Wenn man sich verraten fühlt. Wenn die Angst so laut schreit, dass man den Glauben kaum noch hört.
Und doch hat Jesus genau das getan. Er hat das Böse nicht mit Gegengewalt beantwortet. Sondern mit Liebe. Mit Hingabe. Mit offenen Armen. Selbst am Kreuz.

Ein Bild, das in den Tagen nach 9/11 viele bewegt hat, war das des Kreuzes aus zwei Stahlträgern, das mitten in den Trümmern des World Trade Centers gefunden wurde. Es war kein künstlich platziertes Symbol, sondern einfach übrig geblieben. Zufällig oder – wer weiß? – als Zeichen. Es wurde zum Ort der Stille, des Gebets, des Erinnerns. Auch für viele, die mit dem Glauben nicht viel am Hut hatten.
„Gott ist unsere Zuflucht und Stärke, ein bewährter Helfer in Zeiten der Not.“
Psalm 46,2
Vielleicht braucht es genau das heute wieder: nicht die lauten Parolen, sondern stille Orte. Echte Begegnung. Zuhören. Aushalten. Und Menschen, die bereit sind, Gutes zu tun – auch wenn es schwer ist.
Am 11. September 2001 wurde die Welt dunkler. Aber mitten in diesem Dunkel hat das Licht nicht aufgehört zu leuchten. Vielleicht schwach, vielleicht flackernd. Aber es war da.

Du und ich – wir können heute Licht sein. Für Menschen, die noch immer Angst haben. Die verletzt wurden. Die sich allein fühlen. Nicht erst, wenn ein Anschlag passiert. Sondern jeden Tag neu.
Gott, du weißt, wie tief sich Schmerz ins Herz brennt.
Du kennst unsere Angst, unsere Wut, unsere Sprachlosigkeit.
Du hast gesehen, was am 11. September geschehen ist.
Und du bist da geblieben.
Mitten in den Trümmern.
Mitten in der Not.
Hilf uns, heute Menschen der Hoffnung zu sein.
Hilf uns, das Gute zu tun, auch wenn das Böse laut ist.
Sei du unsere Kraft.
Und unsere Zuflucht.
Amen!
