Liebe Leserinnen und Leser,
im 3. Mose 19 ruft Gott sein Volk Israel dazu auf, heilig zu sein, denn er selbst ist heilig. Dieser Abschnitt des Alten Testaments ist durchzogen von praktischen Anweisungen für das tägliche Leben, die deutlich machen, wie diese Heiligkeit im Alltag gelebt werden kann. Es geht nicht nur um religiöse Rituale, sondern um die Frage, wie wir miteinander und mit Gott leben sollen. Interessanterweise stellt Gott die Nächstenliebe hier an eine zentrale Stelle. Viele der Gebote in diesem Kapitel erinnern uns daran, dass unser Umgang miteinander und unser Glaube eng miteinander verbunden sind.
„Ihr sollt heilig sein, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig.“
3. Mose 19,2
Diese Aufforderung an das Volk Israel gilt auch uns heute. Heiligkeit bedeutet, sich von Gott prägen zu lassen. Sie ist keine abgehobene Frömmigkeit, sondern zeigt sich darin, wie wir leben. Was bedeutet es also konkret, heilig zu sein? 3. Mose 19 gibt uns viele Antworten darauf. Zum Beispiel, dass wir gerecht handeln und andere mit Respekt behandeln sollen. Und dann gibt es ein Gebot, das wir besonders gut aus dem Neuen Testament kennen: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr.“
3. Mose 19,18
Jesus selbst greift dieses Gebot in Matthäus 22 auf, als er gefragt wird, was das größte Gebot sei. Er sagt, dass das Gebot der Nächstenliebe zusammen mit dem Gebot der Gottesliebe das Fundament aller Gebote ist. Ohne Nächstenliebe wird unser Glaube leer und theoretisch. Es reicht nicht, fromm zu reden oder zu beten. Unsere Heiligkeit zeigt sich in der Art, wie wir mit anderen umgehen.
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Matthäus 22,39
Jesus geht aber noch einen Schritt weiter. In der Bergpredigt (Matthäus 5-7) fordert er uns dazu auf, nicht nur unsere Nächsten zu lieben, sondern sogar unsere Feinde. Das ist die Radikalität der Liebe, zu der uns Gott ruft. Sie soll nicht nur unsere Freunde umfassen, sondern auch die Menschen, die uns das Leben schwer machen. Das ist oft alles andere als leicht. Aber genau da zeigt sich, ob wir wirklich bereit sind, nach Gottes Geboten zu leben.
Manchmal begegnen wir im Alltag Situationen, in denen uns das Gebot der Nächstenliebe herausfordert. Eine Geschichte, die ich einmal gehört habe, hat mich besonders beeindruckt: Ein Mann erzählte, wie er in einer schwierigen beruflichen Situation stand. Sein Chef behandelte ihn ungerecht, und er war versucht, mit gleicher Münze heimzuzahlen. Doch anstatt sich auf einen Konflikt einzulassen, erinnerte er sich an die Worte Jesu: „Liebe deine Feinde.“ Er entschied sich, freundlich zu bleiben, auch wenn es ihn viel Kraft kostete. Diese Haltung veränderte nicht nur das Arbeitsklima, sondern führte letztlich dazu, dass sich das Verhältnis zum Chef besserte. Es ist erstaunlich, wie die Nächstenliebe sogar Feindschaften überwinden kann.

Das Gebot der Nächstenliebe und der Ruf zur Heiligkeit gehören zusammen. Wir sollen Menschen sein, die Gottes Liebe widerspiegeln – im Großen wie im Kleinen. In unserem Alltag, in unseren Beziehungen und in unseren Begegnungen mit Fremden. Denn so wird Gottes Wesen in dieser Welt sichtbar. Unser Glaube zeigt sich nicht nur in den Momenten, in denen wir beten oder in die Kirche gehen, sondern in jedem Moment unseres Lebens, in dem wir entscheiden, wie wir mit anderen umgehen.
Lasst uns heute neu entscheiden, den Weg der Heiligkeit und Nächstenliebe zu gehen. Es ist ein Weg, der oft gegen unsere menschlichen Instinkte geht. Aber es ist auch ein Weg, der uns immer näher zu Gott bringt.
Herr, schenke uns die Kraft, nach deinem Willen zu leben. Lass uns deine Heiligkeit in unserem Alltag widerspiegeln, indem wir andere lieben, wie du uns liebst. Gib uns den Mut, auch in schwierigen Situationen in Liebe zu handeln.
Amen!