Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörerinnen und Hörer!
Vergebung – allein das Wort klingt für manche wie eine Bürde, für andere wie eine Befreiung. Doch eins ist sicher: Es berührt uns alle. Denn wir alle erleben Momente, in denen wir verletzt werden oder selbst jemanden verletzen. Wie können wir als Christinnen und Christen damit umgehen? Können wir Vergebung schenken und gleichzeitig Heilung für uns selbst erfahren?
Jesus hat uns in der Bibel eindrücklich gezeigt, wie wichtig Vergebung ist. In Matthäus 18,21-22 lesen wir die berühmte Frage des Petrus:
„Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist’s genug siebenmal?“ Jesus sprach zu ihm: „Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.“

Diese Worte fordern heraus. Sie scheinen beinahe unmöglich. Aber was steckt dahinter? Jesus lädt uns ein, in der Vergebung keinen starren Akt zu sehen, sondern eine Haltung. Vergebung ist kein Rechenspiel, bei dem wir die Zahl der vergebenen Fehler abstreichen. Es ist eine Einladung, in der Liebe Gottes zu leben.
Ein weiteres starkes Bild finden wir in Epheser 4,32:
„Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem anderen, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“
Hier wird klar: Vergebung ist nicht etwas, das wir aus eigener Kraft schaffen. Sie wird erst möglich, weil Gott uns selbst vergeben hat. Durch Jesus Christus haben wir Vergebung erfahren, die nicht auf Leistung beruht, sondern auf unendlicher Liebe.
Doch wie sieht das praktisch aus? Stellen wir uns vor, jemand hat uns tief verletzt. Vielleicht durch Worte, die wie Dolche waren, oder durch eine Handlung, die Vertrauen zerstört hat. Der erste Schritt zur Vergebung ist, den Schmerz anzuerkennen. Gott erwartet nicht, dass wir so tun, als sei nichts geschehen. Er kennt unsere Wunden und lädt uns ein, sie ihm hinzuhalten.
Ein Beispiel aus dem Leben zeigt, wie kraftvoll Vergebung sein kann: Eine Frau erzählte, wie sie nach einem Streit mit einer engen Freundin über Jahre keinen Kontakt mehr hatte. Die Mauer des Schweigens wurde immer höher, bis sie sich eines Tages entschloss, die erste Nachricht zu senden. Es war schwer, aber dieser Schritt öffnete die Tür zu einem Gespräch. Heute sagt sie, dass die Vergebung nicht nur die Freundschaft gerettet hat, sondern auch ihr eigenes Herz frei gemacht hat.
Jesus lehrt uns, dass Vergebung nicht immer sofortiges Vergessen bedeutet. Sie ist ein Prozess, der uns Schritt für Schritt näher zu Gott und zueinander führt. In Kolosser 3,13 heißt es:
„Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat. Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!“
Vielleicht gibt es in deinem Leben jemanden, dem du vergeben kannst – nicht, weil die Person es „verdient“, sondern weil Gott uns alle mit Gnade beschenkt hat. Vergebung bedeutet auch, Lasten loszulassen und Heilung zuzulassen. Es ist ein Geschenk an die andere Person, aber vor allem auch an dich selbst.
Zum Abschluss möchte ich dich einladen, heute einen Moment der Stille mit Gott zu verbringen. Bitte ihn um Kraft, um Vergebung zu schenken oder anzunehmen. Und erinnere dich daran: Gott vergibt uns nicht nur sieben Mal oder siebzig Mal sieben – seine Vergebung ist unendlich.
Herr, schenke mir ein Herz, das vergibt, wie du mir vergeben hast. Fülle mich mit deiner Liebe, damit ich Beziehungen heilen kann, wo sie zerbrochen sind. Lehre mich, loszulassen und Frieden zu finden.
Amen!