Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörerinnen und Hörer,
heute geht es um ein großes Wort. Ein Wort, das in Sonntagsreden gern benutzt wird. Ein Wort, das auf Plakaten steht, in Liedern besungen wird und in Gebeten vorkommt. Ein Wort, das so viel verspricht – und doch so oft leer klingt: Frieden.
Aber was ist eigentlich Frieden? Und was ist Frieden nicht? Wenn wir heute darüber sprechen, dann nicht aus politischer Perspektive, sondern aus geistlicher Sicht. Denn die Bibel hat zu diesem Thema so einiges zu sagen – und es lohnt sich, einmal genau hinzuhören.
„Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“
Johannes 14,27
Jesus spricht hier von einem Frieden, den er selbst gibt – einem Frieden, der sich klar abgrenzt von dem, was die Welt unter Frieden versteht. Nicht der Waffenstillstand, der nur eine Pause zwischen zwei Kriegen ist. Nicht das Schweigen, das Konflikte unterdrückt. Nicht das Harmoniegetue, das jede Auseinandersetzung vermeiden will. Nein, Jesu Frieden geht tiefer. Er beginnt im Herzen.
Und genau da wird es spannend. Denn es gibt viele Situationen, in denen nach außen hin Frieden herrscht – aber innerlich tobt ein Sturm. Zwischen zwei Menschen, in einer Familie, in einer Gesellschaft. Echter Friede hat nichts mit bloßer Ruhe zu tun. Und auch nichts mit Konfliktvermeidung. Echter Friede ist verbunden mit Wahrheit, mit Versöhnung, mit Gerechtigkeit.
Im Alten Testament begegnet uns das hebräische Wort „Schalom“. Es ist viel mehr als nur die Abwesenheit von Krieg. „Schalom“ bedeutet: Ganzheit, Heilsein, Verbundensein mit Gott, mit den Menschen, mit sich selbst. Ein Leben, das im Lot ist.
„Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“
4. Mose 6,26
Dieser sogenannte aaronitische Segen spricht davon, dass Gott selbst es ist, der Frieden gibt. Es ist keine menschliche Leistung, keine politische Strategie, kein psychologischer Trick. Friede ist Gnade. Ein Geschenk. Aber eines, das Wirkung entfaltet – denn wer im Frieden lebt, lebt anders. Sucht nicht ständig den eigenen Vorteil. Kann auch mal nachgeben. Verzichtet auf Rache. Rechnet mit dem Guten.

Doch Frieden kann unbequem sein. Denn echter Frieden verlangt Mut. Den Mut, sich der Wahrheit zu stellen. Den Mut, Schuld einzugestehen. Den Mut, sich auf den anderen einzulassen. Jesus hat diesen Frieden gelebt – und ihn teuer bezahlt. Mit seinem Leben. Frieden ist kein Kuschelwort. Frieden ist eine Kraft.
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
Matthäus 5,9
Frieden stiften bedeutet: aktiv werden. Nicht passiv zusehen, wie andere sich streiten. Nicht den Kopf in den Sand stecken. Sondern das Gespräch suchen. Brücken bauen. Sich einmischen – nicht laut, nicht besserwisserisch, aber mit Herz und Geduld.
Ich erinnere mich an eine Geschichte, die mich sehr beeindruckt hat. In Nordirland, in einer Zeit, als der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten besonders heftig war, gründete ein Mann namens Gordon Wilson eine Friedensbewegung. Er hatte bei einem Bombenanschlag seine Tochter verloren. Und was tat er? Er sagte öffentlich: „Ich vergebe den Attentätern.“ Diese Worte haben damals viele Menschen erschüttert – und bewegt. Nicht, weil es leicht war. Sondern, weil es echt war.
Frieden heißt nicht: vergessen, was war. Frieden heißt: nicht festhalten am Unrecht. Frieden heißt: loslassen, damit Heilung möglich wird.
Und vielleicht ist das der wichtigste Punkt: Frieden beginnt bei mir. Bei dir. Nicht beim anderen. Nicht irgendwann. Jetzt.
„Bemüht euch, mit allen Menschen Frieden zu halten, und lebt in Heiligkeit; denn ohne sie wird niemand den Herrn sehen.“
Hebräer 12,14

Also lasst uns Friedensmenschen sein. Nicht perfekt, aber entschieden. Mit offenen Händen. Mit klarem Herzen. Und mit einem Vertrauen darauf, dass Gott selbst unser Friede ist – auch in stürmischen Zeiten.
Gott, unser Vater, du bist der Ursprung allen Friedens.
Schenk uns den Mut, Frieden zu leben – in unseren Familien, in unserem Alltag, in dieser Welt.
Lass uns mit deinem Blick sehen, mit deinem Herzen handeln.
Mach uns zu Menschen des Schalom.
Amen!