659 – Die Liebe hört niemals auf

659 – Die Liebe hört niemals auf

Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,

was ist das eigentlich – Liebe? Eine Frage, so alt wie die Menschheit selbst. Und doch bleibt sie aktuell, weil sie uns jeden Tag betrifft. In Freundschaften, Partnerschaften, Familie, Nachbarschaft – und sogar im Straßenverkehr. Manchmal zeigen wir sie, oft wünschen wir sie uns, und manchmal sehnen wir uns schmerzlich nach ihr. Heute wollen wir in einem der wohl berührendsten Texte der Bibel darüber nachdenken: im sogenannten Hohelied der Liebe aus dem ersten Korintherbrief.

Der Apostel Paulus schreibt:

„Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“
1. Korinther 13,1

Paulus beim Schreiben, Sora, prompted by Michael Voß
Paulus beim Schreiben, Sora, prompted by Michael Voß

Das klingt hart – aber irgendwie auch ehrlich. Worte ohne Liebe sind laut. Und leer. Vielleicht kennst du das: Jemand sagt etwas Richtiges, aber es berührt dich nicht, weil du spürst, dass keine Liebe darin steckt. Paulus macht uns klar: Liebe ist nicht irgendein Zusatz, sie ist das Fundament. Ohne sie wird selbst das Schönste hohl.

„Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.“
1. Korinther 13,2

Wir Menschen streben gern nach Wissen, Einfluss, nach Erfolg. Alles gut. Aber Paulus stellt uns eine ernüchternde Frage: Was bist du ohne Liebe? Er sagt: Nichts. Das klingt krass. Aber vielleicht zeigt es nur, wie wertvoll Liebe wirklich ist. Sie gibt allem anderen überhaupt erst Sinn.

„Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit.“
1. Korinther 13,4-6

Das ist eine kleine Checkliste, oder? Langmütig – also geduldig. Freundlich. Nicht neidisch. Nicht eingebildet. Nicht auf den eigenen Vorteil aus. Und vergebungsbereit. Diese Liebe ist nicht naiv. Sie lässt sich nicht blenden. Aber sie entscheidet sich, nicht das Schlechte im Menschen zu sehen. Sondern die Hoffnung. Die Möglichkeit. Das Potenzial.

Ich erinnere mich an eine wahre Geschichte, die ich gelesen habe: Ein alter Schulhausmeister in Bayern, immer freundlich, ruhig, irgendwie unscheinbar. Jahrzehntelang war er einfach da. Erst nach seinem Tod wurde bekannt, wie viele Schüler er in schweren Zeiten heimlich unterstützt hatte – mit einem offenen Ohr, mit einem Abendessen, manchmal mit einem Platz zum Schlafen. Ohne großen Aufhebens. Einfach aus Liebe. Und jeder dieser jungen Menschen hatte ein Stück seines Lebens neu geordnet. Wegen eines Menschen, der einfach nur „liebte“ – geduldig, freundlich, nicht rechthaberisch. Ich habe diese Geschichte auf der Seite der Süddeutschen Zeitung gefunden, sie war dort Teil einer kleinen Serie über „stille Helden“.

Der stille Schulheld, Sora, prompted by Michael Voß
Der stille Schulheld, Sora, prompted by Michael Voß

Paulus fährt fort:

„Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“
1. Korinther 13,7

Diese Liebe ist stark. Sie bleibt, auch wenn’s schwer wird. Sie gibt nicht auf. Sie stellt sich gegen Zynismus und Misstrauen. Liebe glaubt an Menschen. Und wer einmal erlebt hat, wie das einen Menschen aufrichten kann – der weiß, was das bedeutet. Vielleicht bist du gerade der oder die, die diese Liebe brauchen. Oder vielleicht bist du genau der Mensch, der sie geben kann. Beides ist möglich. Beides ist heilig.

Und dann kommt der berühmte Satz:

„Die Liebe hört niemals auf.“
1. Korinther 13,8

Das ist kein Kitsch. Das ist Hoffnung. Und eine Verheißung. Glaube wird eines Tages Schauen. Hoffnung wird eines Tages erfüllt. Aber Liebe bleibt. Auch über den Tod hinaus. Denn sie ist Gottes Wesen selbst.

Der Text endet mit:

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“
1. Korinther 13,13

Verliebt, Sora, prompted by Michael Voß
Verliebt, Sora, prompted by Michael Voß

Vielleicht ist heute ein Tag, an dem du jemandem diese Liebe zeigen kannst. Oder vielleicht auch: dir selbst. Mit Güte. Mit Nachsicht. Mit einem tiefen Atemzug, der dir sagt: Ich bin gehalten. Geliebt. Und ich darf lieben – heute.


Gott, der die Liebe ist, hilf mir, heute in deinem Geist zu leben.

Schenk mir Geduld, Freundlichkeit und die Kraft, andere mit deinen Augen zu sehen. Lass mich nicht vergessen, dass deine Liebe niemals aufhört – auch für mich nicht.

Amen!


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