Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
vielleicht haben Sie das auch schon einmal erlebt: Ein Fest, auf das man sich gefreut hat, beginnt gut – und dann passiert etwas Unangenehmes. Der Kuchen fällt in sich zusammen. Die Musik ist plötzlich weg. Oder – wie in der Geschichte, die wir heute gemeinsam anschauen – der Wein geht aus. Peinlich, unangenehm, unpassend. Aber manchmal ist gerade das der Moment, in dem Gott handelt. Nicht dramatisch. Sondern still. Und sehr wirksam.
Wir schauen heute auf die Hochzeit zu Kana. Es ist das erste „Zeichen“, das Jesus im Johannesevangelium tut. Und es beginnt so:
„Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war dort. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen.“
Johannes 2,1–2
Was für ein Bild: Jesus geht nicht zuerst in die Synagoge, nicht auf einen Berg – sondern auf ein Fest. Das Leben selbst ist der erste Ort seiner Offenbarung. Keine Theorie. Kein Programm. Sondern Freude, Menschen, Lachen, gutes Essen – und eben: Wein.
Doch dann das Problem. Der Wein ist aus. Und Maria sagt zu Jesus:
„Sie haben keinen Wein mehr.“
Johannes 2,3

Eine einfache Feststellung. Keine Forderung. Keine Hysterie. Sie benennt die Not. Und das reicht. Was für ein Vorbild im Glauben: Maria weiß, bei wem Hilfe zu finden ist. Nicht indem sie Druck macht, sondern indem sie hinschaut. Ihre Worte an die Diener sind stark:
„Was er euch sagt, das tut.“
Johannes 2,5

Das ist der Satz, der alles verändert. Denn Jesus lässt sechs große Wasserkrüge füllen. Mit Wasser. Einfach so. Ohne große Worte. Ohne Fanfaren. Und dann:
„Jesus spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie brachten’s ihm.“
Johannes 2,8

Und jetzt passiert das Wunder. Der Speisemeister kostet. Und er ist überrascht. Er weiß nichts von der Verwandlung. Für ihn ist es einfach nur der beste Wein, den er je probiert hat:
„Jeder gibt zuerst den guten Wein, und wenn sie trunken sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten!“
Johannes 2,10
Was für eine stille, schöne Kraft liegt in dieser Geschichte. Jesus rettet das Fest. Aber er macht es nicht öffentlich, nicht mit Show. Nur die Diener, Maria, die Jünger – sie wissen, was da geschehen ist. Und sie sehen: Dieser Jesus bringt nicht nur Hilfe. Er bringt Qualität. Fülle. Freude. Und: Er bringt Gott mitten ins Leben.
Johannes endet den Abschnitt mit diesen Worten:
„Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat: es geschah zu Kana in Galiläa und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.“
Johannes 2,11
Und genau das ist es: Jesus offenbart seine Herrlichkeit – nicht durch Blitz und Donner, sondern durch Freude, durch Rettung, durch das Weitergehen eines Festes. Der erste Eindruck, den die Jünger von Jesus bekommen, ist: Er ist einer, der rettet, was schön ist.
Vielleicht ist das die wichtigste Botschaft heute: Jesus möchte unser Leben nicht verschmälern. Er will nicht, dass wir uns verstecken oder alles klein machen. Im Gegenteil: Er liebt das Leben. Er liebt Gemeinschaft. Er liebt es, wenn wir feiern – mit Maß, aber von Herzen. Und er will, dass unser Lebensfest weitergehen kann, auch wenn die Vorräte mal leer sind.

Ich habe vor einiger Zeit von einer älteren Frau gelesen, die ihren 90. Geburtstag mit großem Aufwand vorbereitete. Alles war organisiert. Nur: Am Tag davor hatte der Caterer abgesagt. Die Tochter war am Boden zerstört. Doch der Nachbar, den sie kaum kannte, rief spontan seine Freunde aus dem Sportverein zusammen. Innerhalb weniger Stunden zauberten sie ein Festmahl – selbst gekocht, gespendet, geliefert. Am Ende sagte die alte Dame: „Ich habe in meinem Leben selten so guten Wein getrunken wie heute. Obwohl gar keiner dabei war.“
Jesus kann Wasser in Wein verwandeln. Und manchmal verwandelt er Sorge in Freude. Oder Angst in Hoffnung. Oder Unsicherheit in einen neuen Anfang. Ganz leise. Ganz konkret. Und oft mitten im Alltag.
Was er euch sagt – das tut. Und habt keine Angst, wenn mal der Wein ausgeht. Vielleicht ist das ja der Moment, in dem er etwas Neues beginnt.
Jesus Christus, du Gott des Lebens, du siehst unsere leeren Krüge.
Fülle sie mit Freude, mit Liebe, mit Mut.
Schenke uns Vertrauen in dein Handeln – auch wenn wir es nicht gleich erkennen.
Segne unsere Feste.
Und sei bei uns, wenn wir nichts mehr zu feiern haben.
Du bist da. Auch dann. Gerade dann.
Amen!
