Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
heute, am 1. Oktober, wird weltweit an die ältere Generation gedacht. Der „Internationale Tag der älteren Menschen“ erinnert daran, dass Menschen im Ruhestand keineswegs „abgeschrieben“ sind. Auch nicht im Glauben. Denn aus Gottes Sicht ist niemand zu alt für Neues.
Manche halten Alter für den langsamen Rückzug aus dem Leben. Für Gott beginnt dort oft erst ein neues Kapitel. So wie bei Abraham. Fast ein Jahrhundert alt – und trotzdem beginnt Gott mit ihm eine Geschichte, die Jahrtausende später noch erzählt wird:
„Und Abraham war neunundneunzig Jahre alt, als der HERR ihm erschien und sprach zu ihm: Ich bin der allmächtige Gott; wandle vor mir und sei fromm.“
1. Mose 17,1
Das ist kein Zufall. Gott hätte sich doch jemanden Jüngeren suchen können, einen mit mehr Power, mehr Zeit, mehr Elan. Aber Gott denkt anders. Er vertraut Abraham diese riesige Verheißung an, obwohl andere ihn wohl schon längst abgeschrieben hätten. Und was für ein Hoffnungssignal steckt da auch für uns drin: Solange du atmest, bist du Teil von Gottes Plan.
Auch ein Psalm bestätigt diese Würde, ja sogar Fruchtbarkeit des Alters. Und er tut es mit einem Bild, das eher von Frühjahr und Aufbruch spricht – nicht von grauen Blättern und Abschied:
„Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unseres Gottes grünen. Auch im Alter tragen sie noch Frucht, sind voller Saft und grün.“
Psalm 92,14–15
Was für ein Satz. „Voller Saft und grün“ – das ist kein biografisches Verklären, sondern ein geistliches Versprechen. Es geht hier um Menschen, die mit Gott leben, sich von ihm prägen lassen, tief verwurzelt sind. Das Alter macht sie nicht weniger bedeutsam – im Gegenteil. Ihre geistliche Tiefe wächst oft gerade mit der Zeit. Ihre Geschichten, ihre Treue, ihr Vertrauen auf Gott in Krisen – all das sind Früchte, die andere nähren können.
Genau das greift auch der Apostel Paulus auf, wenn er an seinen Mitarbeiter Titus schreibt. Es geht ihm nicht nur um das Alter an sich, sondern um die Aufgabe, die daraus erwächst:
„Den alten Männern sage, dass sie nüchtern seien, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, in der Geduld. Den alten Frauen ebenso: sie sollen sich verhalten, wie es Heiligen geziemt, nicht verleumderisch sein, nicht vielem Weingenuss ergeben, sondern Lehrerinnen des Guten sein, damit sie die jungen Frauen anleiten …“
Titus 2,2–5
Das ist keine romantische Altersverklärung. Paulus spricht von Verantwortung, Vorbild und Reife. Er will nicht, dass ältere Menschen in den Hintergrund treten. Er sagt: Ihr seid gebraucht! Ihr habt eine Aufgabe! Eure Lebenserfahrung, eure Geduld, euer Glaube nach Jahren – das hat Gewicht. Und die jüngeren Menschen sollen davon profitieren.
In einer Zeit, in der alles nach Neuem schreit, in der Altwerden oft als Defizit empfunden wird, ist das ein biblisches Gegensignal. Altwerden ist ein Geschenk. Und es ist auch ein Auftrag.
Ein schönes Beispiel dafür, wie ältere Menschen heute mitten im Leben stehen und sich engagieren, findet sich in einem Artikel vom Evangelischen Sonntagsblatt aus Bayern. Dort wird beschrieben, wie Seniorinnen und Senioren an Grundschulen als ehrenamtliche Streitschlichter arbeiten. Sie begleiten Kinder in Konflikten, hören zu, vermitteln. Sie bringen ihre Lebenserfahrung ein – und sie werden gebraucht. Eine der Beteiligten sagt: „Wir wollen Ansprechpartner sein. Ohne zu belehren.“ (Quelle: Sonntagsblatt.de, 27.09.2023)
Genau darum geht es. Auch im Alter noch fruchtbar sein. Nicht aufgeben, nicht weggedacht werden – sondern einen Unterschied machen. Für Gott, für andere, für die Welt.
Vielleicht hast du selbst schon graue Haare – oder du bist noch lange nicht dort. Egal wo du stehst: Frage dich heute, wem du etwas zu geben hast. Und wenn du jung bist: Höre heute einer älteren Person zu. Frag nach, was sie geprägt hat. Vielleicht wirst du überrascht, wie viel Kraft, Tiefe und Glauben darin steckt.
Guter Gott,
danke für alle, die viele Jahre mit dir gegangen sind.
Danke für ihre Geduld, ihre Liebe, ihre Weisheit.
Hilf uns, sie zu ehren, zu hören und von ihnen zu lernen.
Und gib auch denen Mut, die älter werden, ihren Platz zu sehen – in deiner Geschichte und in unserer Welt.
Segne sie mit Kraft, mit Frieden und mit deinem Licht.
Amen!