Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörerinnen und Hörer,
vielleicht hast du dich heute mühsam zur Arbeit geschleppt. Dein Körper ist anwesend, aber deine Kräfte fühlen sich an wie Seifenblasen – schön, dass sie da sind, aber sie zerplatzen beim kleinsten Widerstand. Wenn du aus einer längeren Krankheit kommst und wieder im Alltag stehst, merkst du: Gesund heißt nicht automatisch stark. Vielleicht ist das der Moment, in dem Gott zu dir reden will – nicht mit einem moralischen Zeigefinger, sondern mit liebevollem Verständnis.
In der Bibel gibt es viele, die schwach waren. Nicht nur körperlich, sondern auch innerlich. Und einer, der besonders ehrlich mit seiner Erschöpfung umging, war Paulus. Er schreibt in einem Brief:
„Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am liebsten viel mehr meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi bei mir wohne.“
2. Korinther 12,9

Paulus hatte mit einem „Stachel im Fleisch“ zu kämpfen. Niemand weiß genau, was es war – vielleicht eine Krankheit, vielleicht etwas anderes, das ihn belastete. Aber Gott nimmt sie ihm nicht einfach weg. Stattdessen schenkt er ihm etwas Tieferes: Seine Nähe. Seine Gnade. Und mitten in der Schwachheit wird etwas Neues geboren – echte, tragende Kraft. Keine Showkraft. Keine Fitnessstudio-Kraft. Sondern Gottes Kraft, die uns trägt, wenn wir selbst kaum stehen.
Eine weitere Stimme aus der Bibel, die in solchen Momenten aufatmen lässt, ist diese hier:
„Er gibt dem Müden Kraft, und Stärke genug dem Unvermögenden.“
Jesaja 40,29
Das ist kein billiger Trost. Das ist eine Einladung: Du darfst müde sein. Du darfst dich unvermögend fühlen. Du musst nicht so tun, als sei alles wieder gut. Gott kommt nicht zu denen, die perfekt funktionieren, sondern zu denen, die sich eingestehen: Ich schaff’s nicht allein.
Vielleicht hilft dir dieses Bild: Wenn du einen zerbrochenen Tonkrug mit Licht füllst, scheint das Licht genau an den Rissen heraus. Die Stellen, die du am liebsten verstecken würdest, werden zum Ort des Leuchtens. Genauso ist es mit dir. Deine Erschöpfung ist kein Defizit – sie kann ein Durchlass für Gottes Wirken sein.

Aber Gott denkt auch ganz praktisch. Er kennt deinen Alltag. Und deshalb sagt er nicht: „Mach einfach weiter“, sondern manchmal: „Mach langsamer.“ Im Alten Testament finden wir ein einfaches und tiefes Bild:
„In Umkehr und Ruhe liegt eure Stärke, im Stillesein und im Vertrauen besteht eure Kraft.“
Jesaja 30,15
Du darfst dich neu orientieren. Vielleicht brauchst du neue Rhythmen, kürzere Arbeitstage, mehr kleine Pausen. Vielleicht brauchst du das Ja zu deinem „Nein“. Nein zu Überforderung, ja zu dem, was guttut. Geistlich gesehen ist das keine Schwäche, sondern Weisheit. Auch Jesus hat sich zurückgezogen. Auch er hat sich Momente der Stille genommen – nicht weil er versagt hat, sondern weil er ein Mensch war.
Ich habe einmal von einem jungen Vater gelesen, der nach einem schweren Bandscheibenvorfall wieder in den Job einstieg. Aber immer wieder kam die Erschöpfung zurück. Irgendwann setzte er sich hin und schrieb in sein Tagebuch: „Ich muss nicht zurück in mein altes Leben. Ich darf ein neues lernen.“
(Quelle: Magazin „flow“, Ausgabe 49)
Das hat mich berührt. Vielleicht ist das auch für dich dran: Nicht zurück ins alte Leben zu stolpern, sondern ein neues zu entdecken – mit neuen Prioritäten, mit neuen Pausen, mit neuen Grenzen. Und mit einem Gott, der genau da auf dich wartet. Nicht erst, wenn du wieder „funktionierst“. Sondern jetzt. Heute. In deiner Müdigkeit.

Du bist nicht allein. Du darfst dich schwach fühlen – und trotzdem getragen sein.
Guter Gott,
ich bin müde.
Ich bin wieder da, aber noch nicht zurück.
Ich bin schwach – doch ich will auf deine Stärke hoffen.
Zeig mir, wie ich neu leben kann.
Nicht wie früher, sondern mit dir.
In deinem Tempo.
Mit deiner Gnade.
Und mit Vertrauen, dass du auch in mir wirkst, wenn nichts mehr geht.
Amen!
