727 – Bildung schützt die Seele

727 – Bildung schützt die Seele

Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,

am 9. September begehen wir weltweit den „Internationalen Tag zum Schutz der Bildung vor Angriffen“. Ein sperriger Name vielleicht – aber ein überaus wichtiger. Denn dieser Tag erinnert uns daran, dass Bildung eben nicht einfach nur ein Schulgebäude mit Tafel und Stühlen ist, sondern ein geschützter Raum, ein Refugium – für Hoffnung, Entwicklung und Würde. Und: Bildung ist auch für uns als Christinnen und Christen nicht nur ein Mittel zum Zweck. Sie ist ein geistlicher Auftrag. Und heute schauen wir gemeinsam genauer hin.

Wenn Bildung angegriffen wird – sei es durch Bomben, politische Ideologie oder strukturelle Vernachlässigung – wird nicht nur Wissen zerstört. Es wird eine Generation in die Dunkelheit gestoßen. Hoffnungslosigkeit zieht ein. Stillstand. Oder schlimmer noch: Rückschritt. Menschen, die keinen Zugang zu Bildung haben, bleiben nicht nur arm an Wissen – sie verlieren ihre Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben.

Doch wie sehen wir das eigentlich im Licht der Bibel? Ist Bildung ein christliches Anliegen? Absolut. Und das beginnt schon im Alten Testament.

„Lehre mich, HERR, den Weg deiner Gebote, dass ich ihn bewahre bis ans Ende.“
Psalm 119,33

Der Beter im Psalm 119 ringt um Erkenntnis, um Einsicht – nicht als Selbstzweck, sondern um Gottes Willen zu verstehen. Bildung beginnt hier mit der Haltung des Lernens. Und das zieht sich durch die ganze Bibel. Immer wieder werden Menschen aufgefordert, Weisheit zu suchen, zu lernen, zu lehren und zu verstehen.

Jesus selbst war Lehrer – und zwar ein leidenschaftlicher. Seine Gleichnisse waren kein Zufall. Sie dienten der Veranschaulichung. Er sprach so, dass Menschen begreifen konnten. Und wer ihm zuhörte, lernte fürs Leben.

„Und sie entsetzten sich sehr über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten.“
Markus 1,22

Jesus lehrt im Dorf, Sora, prompted by ChatGPT
Jesus lehrt im Dorf, Sora, prompted by ChatGPT

Jesus war kein Professor im Elfenbeinturm. Er war ein Lehrer auf Augenhöhe. Er saß mit Kindern, Frauen, Fischern und Außenseitern. Er brachte ihnen bei, wie man lebt, wie man vergibt, wie man liebt. Bildung – echte Bildung – verändert nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz.

In Krisenzeiten wird Bildung oft zur Nebensache erklärt. „Wir haben andere Probleme“, heißt es dann. Aber das ist ein Trugschluss. Gerade dann braucht es sichere Orte des Lernens. Orte, an denen Kinder sich sicher fühlen. Orte, an denen Jugendliche eine Zukunft entdecken. Und: Orte, an denen Glaube wachsen kann – durch Fragen, Diskussionen, Zweifel und Erkenntnis.

Eine besondere Geschichte stammt aus Afghanistan. Inmitten politischer Instabilität und Verboten organisieren mutige Frauen bis heute heimlichen Unterricht für Mädchen, denen der Schulbesuch untersagt ist. Manche verwandeln ihre Wohnzimmer in Klassenzimmer, andere greifen zu kreativen Wegen – etwa über TV-Programme wie Dars, eine von der BBC unterstützte Bildungsreihe, die Mädchen und Jungen zu Hause erreicht. Sie lernen im Verborgenen – aber sie lernen. Und manche von ihnen sagen heute: „Diese heimliche Bildung hat unser Leben verändert.“ (Dars (TV-Programm))

Geheime Lesung bei Kerzenlicht, Sora, prompted by ChatGPT
Geheime Lesung bei Kerzenlicht, Sora, prompted by ChatGPT

Diese Geschichten bewegen. Denn sie zeigen, dass Bildung nicht nur Stoff und Stundenplan ist. Sie ist ein Akt der Hoffnung. Ein stiller Widerstand gegen das Chaos. Ein geistlicher Raum.

Der Apostel Paulus ermutigt junge Christen immer wieder, sich Wissen anzueignen und es auch weiterzugeben. Und das nicht nur im theologischen Bereich.

„Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“
2. Timotheus 1,7

Besonnenheit – das griechische Wort meint hier mehr als „ruhig bleiben“. Es meint ein kluges, überlegtes Leben. Bildung gehört dazu. Christlicher Glaube ist kein Ausstieg aus dem Denken, sondern ein Einstieg in die Weisheit Gottes.

Wir brauchen als Gesellschaft – und als Christen – den Mut, Bildung zu schützen. Weltweit. Aber auch bei uns, wo Schulen überfüllt sind, Lehrpläne oft wenig Raum für Werte lassen und Jugendliche sich alleingelassen fühlen. Unsere Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften sollten Orte sein, an denen nicht nur Glauben, sondern auch Bildung wächst – in Gesprächen, Lektürekreisen, Kinderbibelwochen oder Diskussionsforen.

Studium und Glaube, Sora, prompted by ChatGPT
Studium und Glaube, Sora, prompted by ChatGPT

Wer glaubt, der darf fragen. Wer fragt, der darf lernen. Wer lernt, der bleibt lebendig – auch im Glauben.

Lassen wir also Bildung nicht nur als gesellschaftliche Pflicht stehen. Sehen wir sie als geistlichen Schatz. Einen, den wir nicht nur verteidigen, sondern fördern sollen.


Gott, du Lehrer des Lebens, wir bitten dich für all die Kinder und Jugendlichen, deren Schulen zerstört wurden, für Lehrerinnen und Lehrer, die ihr Leben riskieren, um weiter zu unterrichten, für Eltern, die nicht aufgeben und Wissen weitergeben – auch wenn es gefährlich ist.

Und wir bitten dich für uns: Schenke uns neue Liebe zum Lernen.

Lass uns Orte schaffen, an denen Bildung blühen kann – mit Herz und Verstand.

Mach uns mutig, auch dann für Bildung einzutreten, wenn es unbequem ist.

Amen!


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