Liebe Leserinnen und Leser, liebe Hörer und Hörerinnen,
vorgestern ist Papst Franziskus verstorben. Die Nachricht hat viele Menschen weltweit bewegt – auch uns evangelisch geprägte Christinnen und Christen, die keine päpstliche Autorität anerkennen und Maria nicht anbeten. Wir glauben daran, dass allein Jesus Christus der Weg zum Vater ist – nicht ein Mensch auf Erden, ganz gleich wie beeindruckend sein Lebensweg gewesen sein mag. Und dennoch: Wir können Respekt und Anerkennung zeigen für einen Mann, der aus tiefem Glauben heraus lebte und wirkte.
Papst Franziskus – Jorge Mario Bergoglio – war mehr als das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Er war ein Mensch, der seine Überzeugungen glaubwürdig lebte. Er hat sich nicht im Glanz des Amtes gesonnt, sondern den Glanz Gottes gesucht – in den Gesichtern der Armen, der Ausgestoßenen, der Übersehenen.
„Der Größte unter euch soll euer Diener sein.“
Matthäus 23,11
Dieser Satz Jesu ist einer, den Franziskus gelebt hat. Er verzichtete auf den Pomp seiner Vorgänger, entschied sich gegen prunkvolle Gemächer und fuhr lieber in einem einfachen Fiat durch Rom als in einer Staatskarosse. Das sind keine Nebensächlichkeiten, sondern Zeichen. Zeichen dafür, dass ihm nicht seine Position, sondern die Menschen wichtig waren.
Wir müssen nicht in allen theologischen Fragen mit der katholischen Kirche übereinstimmen, um das anerkennen zu können. Als evangelische Christen glauben wir, dass es keine Zwischeninstanzen zwischen Gott und Mensch braucht. Christus ist genug. Doch das hindert uns nicht daran, zu sehen, wenn jemand diesen Christus auf seine Weise ehrt – mit Worten, die bewegen, und einem Lebensstil, der Zeugnis ablegt.
Papst Franziskus hat oft über Barmherzigkeit gesprochen. Über die „Kirche als Feldlazarett“. Und ja, es ist leicht, solche Begriffe plakativ zu benutzen. Aber bei ihm hatte man nicht den Eindruck, dass es nur Worte waren.
„Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“
Matthäus 5,7

Eine Szene ist besonders vielen in Erinnerung geblieben: Papst Franziskus wusch in einem Gefängnis muslimischen, orthodoxen und katholischen Jugendlichen die Füße – ein Symbol für Demut und Gleichheit. Es war nicht geplant für Kameras oder eine Inszenierung, sondern Ausdruck seines Verständnisses vom Dienst. Wer ganz oben steht, sollte ganz unten anfangen.
Vielleicht ist es genau das, was uns auch als evangelisch geprägte Christinnen und Christen an diesem Mann berührt. Seine Verkündigung war nicht durch Macht gestützt, sondern durch Glaubwürdigkeit. Und das ist, ehrlich gesagt, etwas, was wir in allen Konfessionen brauchen.
Er hat uns an etwas erinnert, was manchmal in den Strukturen, Diskussionen und Dogmen verloren geht: Der Glaube ist kein theologisches Konstrukt. Er ist eine Haltung. Eine Entscheidung. Ein Leben.
Herr, wir danken dir für das Zeugnis, das Papst Franziskus gegeben hat – nicht als ein Ersatz für dich, sondern als ein Diener, der dich gesucht hat. Hilf uns, auch in unserem eigenen Leben nach dir zu fragen – klar, ehrlich und mutig.
Amen!