Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,
ein neuer Papst hat das Wort ergriffen. Und was für Worte das waren! Leo XIV., der erste Papst aus den USA, tritt auf die große Bühne der katholischen Weltkirche – und beginnt mit einem Satz, der wie ein Echo durch die Zeiten klingt: „Der Friede sei mit euch allen.“ Ein Satz, der nicht nur traditionell, sondern tief biblisch ist. Und der eine Richtung vorgibt, die diese Andacht heute aufgreifen möchte: Frieden. Dialog. Gerechtigkeit. Und eine Kirche, die unterwegs ist – mit allen, für alle.
„Ich hoffe, dass dieser Friedensgruß alle Völker und alle Menschen erreicht.“ So sprach er weiter – und es ist mehr als ein diplomatisches Wortspiel. Es ist eine Vision. Eine Einladung. Eine Herausforderung. Und es ist genau das, was Jesus schon seinen Jüngern aufgetragen hat:
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
Matthäus 5,9
Friedensstifter sein – das ist kein Job für die Bequemen. Das ist eine Aufgabe für Mutige. Für Menschen, die nicht mit dem Strom schwimmen. Für eine Kirche, die nicht aus Angst verstummt, sondern aus Liebe spricht. So wie es Leo XIV. vorlebt. Und wie es Jesus uns aufgetragen hat:
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und sprach zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist!“
Johannes 20,21–22

Die Kirche ist kein Museumsbetrieb. Kein abgeschottetes System. Sie ist lebendig – oder sie ist gar nicht. Und lebendig wird sie nur, wenn sie sich bewegt. Wenn sie „gemeinsam unterwegs ist“, wie Leo XIV. es formulierte. Als Missionare. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit offenen Armen. Und das ist wohl das Revolutionäre an diesem neuen Papst: Er steht fest auf dem Fundament des Evangeliums – aber er geht zu den Menschen. Nicht nur zu denen, die schon glauben, sondern auch zu denen, die zweifeln, suchen oder einfach nur leben.
„Gott liebt euch alle“, sagte er mit fester Stimme. „Das Böse wird nicht gewinnen.“
Das ist kein billiger Trost. Kein frommer Wunsch. Das ist das Herz der Botschaft Jesu. Und es erinnert an diese eindrücklichen Worte aus dem Römerbrief:
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“
Römer 12,21
Was das konkret bedeutet? Vielleicht so etwas wie: die Menschen sehen, nicht nur ihre Fehler. Zuhören, wo andere verurteilen. Vertrauen schenken, wo Misstrauen herrscht. Und immer wieder fragen: Wie würde Jesus jetzt handeln?
Leo XIV. erinnerte an seinen Vorgänger Franziskus, dessen letzte Worte, kaum hörbar, am Ostersonntag durch die Welt gingen. Und der neue Papst sagt: Diesen Segen will er fortsetzen. Das ist mehr als eine symbolische Geste. Es ist eine geistliche Verantwortung. Eine Fortführung dessen, was Jesus selbst gesagt hat:
„Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Matthäus 28,20
Die Kirche soll „allen nah sein, die leiden“. Das sagte Leo XIV. in seiner ersten Ansprache – und wer Ohren hat, der höre: Diese Worte richten sich an uns alle. Wir sind gefragt. Nicht erst am Sonntagvormittag im Gottesdienst, sondern im Alltag. In der Schule, im Büro, in der Bahn. Da, wo Menschen einander brauchen. Wo sie verletzt sind. Oder einfach nur jemanden brauchen, der zuhört.
Eine synodale Kirche – das meint: Wir gehen gemeinsam. Nicht: Wir wissen alles besser. Es heißt: Wir lernen voneinander. Vom Leben. Vom Leid. Vom Glauben. Und von der Hoffnung.
Als evangelische Christinnen und Christen erkennen wir in Papst Leo XIV. einen christlichen Bruder im Glauben. Wir respektieren sein Amt als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und würdigen seine Verantwortung für viele Millionen Katholikinnen und Katholiken weltweit. Aus evangelischer Sicht aber verstehen wir das Papstamt nicht als eine göttlich eingesetzte Autorität, sondern als ein menschliches Leitungsamt innerhalb der katholischen Kirche. Der Papst ist für uns kein Stellvertreter Christi auf Erden, sondern ein Bruder im Glauben – mit einer besonderen Aufgabe und Stimme.
Und genau diese Stimme hat jetzt etwas gesagt, das weit über die Mauern des Vatikans hinaus klingt: Dass Gott alle Menschen liebt – ohne Bedingungen. Dass das Böse nicht das letzte Wort hat. Und dass wir als Kirche – ob evangelisch, katholisch oder anders gläubig – immer neu gefragt sind: Wo stehen wir für das Gute ein? Wo leben wir diese Liebe praktisch?

Vielleicht habt ihr heute jemanden in eurer Nähe, der das hören muss: Dass er oder sie geliebt ist. Ganz ohne „wenn“ und „aber“. Dann sagt es weiter. Lebt es. Und glaubt daran: Das Böse wird nicht gewinnen. Denn Gott hat das letzte Wort. Und dieses Wort ist Liebe.
Herr, lehre uns, mit offenen Herzen und mutigen Schritten unterwegs zu sein. Hilf uns, Frieden zu suchen, wo Streit ist. Gib uns Kraft, Gerechtigkeit zu lieben und das Gute zu tun – auch wenn es schwerfällt. Und segne unseren Weg.
Amen!