
Herzlich willkommen, liebe Leserinnen und Hörer, liebe Freunde nah und fern. Heute geht es um ein Thema, das uns alle angeht – und zwar nicht nur als Staatsbürger, sondern ganz besonders als Menschen mit Herz, Haltung und, ja, mit Glauben. Es geht um die Frage: Wie begegnen wir der zunehmenden Gefahr von Rechtsextremismus in unserem Land? Und was hat unser christlicher Glaube damit zu tun?
Bereits in der Folge 132 und der Folge 138 haben wir uns mit dieser Thematik beschäftigt – damals im Kontext erster großer Demonstrationen sowie dem Jahrestag der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Seitdem hat sich die Lage nicht entschärft. Im Gegenteil. Der Sommer 2025 bringt eine neue Welle an Protesten – friedlich, bunt, laut und entschieden gegen rechte Hetze, Hass und autoritäre Fantasien.
Wie aber können wir als Christinnen und Christen mehr tun, als nur still zu nicken, wenn andere auf die Straße gehen?
Ein Vers aus dem Buch Jesaja bringt es kraftvoll auf den Punkt:
„Lernt Gutes zu tun! Trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt die Sache der Witwen!“
Jesaja 1,17
Diese Worte stammen aus einer Zeit großer gesellschaftlicher Ungerechtigkeit. Und sie fordern uns heraus – nicht zum stillen Glauben im Kämmerlein, sondern zum mutigen, öffentlichen Eintreten für Gerechtigkeit. Es geht um mehr als individuelle Frömmigkeit. Es geht um den Einsatz für andere. Für Schwache. Für Geflüchtete. Für alle, die von menschenverachtenden Ideologien bedroht werden.
Rechtsextremismus beginnt selten mit Gewalt. Er beginnt mit Worten. Mit Parolen. Mit dem Gift der Abgrenzung. Der Apostel Paulus schreibt im Neuen Testament:
„Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“
2. Timotheus 1,7
Was für ein Gegengift zu den geistigen Brandstiftern unserer Zeit! Statt Panik, statt Hass, statt Hetze: Kraft. Liebe. Besonnenheit. Christen dürfen sich nicht wegducken. Wer das Evangelium von Jesus Christus ernst nimmt, muss sich fragen lassen: Stehst du auf – oder bleibst du bequem?
Auch im Sommer 2025 gehen die Proteste gegen Rechtsextremismus weiter – in vielen Städten im ganzen Land sind friedliche Demonstrationen und kreative Aktionen geplant. In Hannover, Regensburg und anderen Orten engagieren sich Menschen verschiedenster Herkunft und Altersgruppen für ein offenes Miteinander. Die Bewegung bleibt parteiunabhängig, aber deutlich: Sie steht für Menschenwürde, Toleranz und Freiheit – und genau das sind Werte, die auch tief im christlichen Glauben verankert sind.

In einer kleinen Gemeinde im Ruhrgebiet, so las ich neulich im Evangelischen Pressedienst, hatte sich ein Konfirmandenkurs gefragt: „Was würde Jesus tun, wenn er mitbekäme, dass jemand seine Nachbarn mit ausländerfeindlichen Parolen bedroht?“ Die Jugendlichen kamen schnell zum Ergebnis: „Er würde laut werden. Er würde widersprechen. Und sich dazustellen.“ Daraus entstand eine Aktion: Die Jugendlichen schrieben Bibelverse gegen Ausgrenzung auf Plakate, malten bunte Herzen – und hängten sie im ganzen Ort auf. Kein Riesen-Event. Aber echtes Handeln im Sinne von Jesaja 1,17.
Vielleicht geht es genau darum: Dass wir nicht warten, bis es uns bequem möglich ist, ein Zeichen zu setzen. Sondern dass wir anfangen – auch wenn es uns vielleicht Überwindung kostet. Der Evangelist Matthäus erinnert an Jesu Worte:
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
Matthäus 5,9
Frieden stiften heißt nicht, Konflikte zu meiden. Es heißt, sich einzumischen – dort, wo Menschen gegeneinander aufgebracht werden. Es heißt, unsere Stimme zu erheben – für eine Gesellschaft, in der jeder Mensch zählt. Unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Sexualität oder Religion. Das ist kein „Woke“-Programm. Das ist schlicht biblisch.
Manche fragen sich: „Was kann ich als Einzelner schon tun?“ Antwort: Viel. Du kannst in deinem Umfeld sensibel auf menschenverachtende Sprache reagieren. Du kannst Projekte unterstützen, die sich für Demokratie und Vielfalt einsetzen. Du kannst mit deiner Gemeinde gemeinsam Gesicht zeigen. Und du kannst beten – aber bitte nicht nur beten, sondern auch handeln. So, wie es auch der Jakobusbrief beschreibt:
„Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein, sonst betrügt ihr euch selbst.“
Jakobus 1,22

Wenn wir auf die Straße gehen – oder auch einfach im Alltag für andere einstehen – dann tun wir es nicht, um gut dazustehen. Sondern weil wir glauben, dass Gott es nicht egal ist, wie Menschen miteinander umgehen. Und weil er uns zutraut, Licht zu sein. Hoffnungsträger. Und manchmal auch: Stachel im Fleisch derer, die nur ihren eigenen Vorteil sehen.
Guter Gott, gib uns den Mut, aufzustehen, wenn es unbequem wird.
Gib uns die Liebe, nicht mit Hass zu antworten.
Gib uns die Kraft, Täter deines Wortes zu sein – und nicht Zuschauer am Rand.
Lass uns deine Gerechtigkeit leben – nicht irgendwann, sondern heute.
Amen!