658 – Macht, Moral und der Preis der Wahrheit

658 – Macht, Moral und der Preis der Wahrheit

Liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Leserinnen und Leser,

was für ein Paukenschlag an diesem Juli-Morgen! Eine Durchsuchung des Landtages in Sachsen-Anhalt. Ermittler rücken an – nicht nur in einem Fraktionsbüro, sondern gleich bei dreien: CDU, SPD und AfD. Der Verdacht? Untreue. Es geht um Funktionszulagen, teure Spirituosen, fragwürdige Ausgaben auf Kosten der Allgemeinheit. Der Steuerzahler soll für politische Lustbarkeiten geblecht haben – und jetzt steht der ganze Landtag unter einem grauen Schleier des Misstrauens.

Landtag in Magdeburg, Sora, prompted by Michael Voß
Landtag in Magdeburg, Sora, prompted by Michael Voß

Bisher – um es nochmals zu betonen – ist alles nur ein Verdacht.

Trotzdem ist es ein Vorfall, der viele fassungslos macht. Und gleichzeitig ist er kein Einzelfall. Immer wieder erschüttern ähnliche Nachrichten das Vertrauen in politische Verantwortungsträger. Aber was macht das mit uns? Mit unserem Bild von Verantwortung, von Aufrichtigkeit? Und was sagt uns dazu das Buch der Bücher?

Beginnen wir mit einem Satz, der uns wie ein Spiegel vor Augen gehalten wird – direkt aus dem Alten Testament:

„Der HERR hat Gefallen an denen, die ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen.“
Psalm 147,11

Das klingt zunächst nicht nach einem politischen Kommentar. Doch schauen wir genau hin: „Gottesfurcht“ meint nicht Angst, sondern Ehrfurcht. Es meint Verantwortung gegenüber einer höheren Instanz – einem moralischen Maßstab, der nicht biegsam ist wie die Haushaltsregeln eines Fraktionsbüros.

Wer auf Gottes Güte hofft, weiß: Ich bin nicht der Mittelpunkt des Universums. Ich bin Teil einer Gemeinschaft. Und: Ich bin verantwortlich. Für mein Handeln, für mein Reden – und ja, auch für das, was ich in der Mittagspause unterschreibe, weiterreiche oder durchwinke.

Der Prophet Micha bringt es auf den Punkt, wenn er sagt:

„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“
Micha 6,8

Liebe üben – das klingt vielleicht weich, fast weltfremd. Aber in Wahrheit ist es messerscharf: Wer liebt, beutet nicht aus. Wer liebt, macht keine Deals im Halbdunkel. Wer liebt, steht auf für Wahrheit – auch, wenn es unbequem ist. Diese Haltung fehlt in manchen Schaltzentralen der Macht. Und oft auch in unseren eigenen kleinen Machtzonen – sei es im Job, im Verein oder in der Familie.

Es muss nicht die Kriminalität sein, Sora, prompted by Michael Voß
Es muss nicht die Kriminalität sein, Sora, prompted by Michael Voß

Es gab einmal einen Bürgermeister in einem kleinen Ort in Thüringen – ich habe darüber in der ZEIT gelesen. Der Mann war beliebt, erfolgreich, unverdächtig. Doch er ließ sich einladen, ließ sich bedienen, drückte hier ein Auge zu, dort auch. Am Ende war es keine große Korruption – aber viele kleine Schritte, die das Vertrauen der Menschen zerstörten. Er trat zurück. Später sagte er in einem Interview: „Ich hatte mich selbst aus den Augen verloren.“

So geht es vielen, die die eigene Bedeutung größer einschätzen als die Aufgabe, für die sie gewählt oder berufen wurden. Und genau da setzt Jesus an, wenn er sagt:

„Wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht.“
Matthäus 20,27

Das ist eine steile Ansage. Knecht sein, wo man doch Anzüge trägt, Reden hält, Macht genießt? Doch genau das macht einen Unterschied. Nicht die Ehre suchen, sondern den Dienst. Nicht das Rampenlicht, sondern die Verantwortung. Denn nur wer anderen dient, kann sich selbst treu bleiben.

Und wie gehen wir als Gesellschaft mit solchen politischen Skandalen um? Wegschauen ist keine Option. Aber auch nicht Häme und Spott. Die Bibel ruft uns zur Wahrheit – aber auch zur Barmherzigkeit. Vielleicht ist das unsere Aufgabe: klare Worte zu finden, aber nicht um zu zerstören, sondern um zu helfen, dass etwas heilt. Damit Verantwortung wieder glaubwürdig wird. Und damit die da oben – und wir hier unten – wieder begreifen, worauf es ankommt.

Gerechtigkeit ist kein Parteiprogramm. Gerechtigkeit ist ein göttlicher Anspruch.


Guter Gott, wir bitten dich:

Schenke unseren Entscheidungsträgern Klarheit, Mut und Demut.

Stärke sie in der Wahrheit. Lass uns alle achtsam werden, wo wir Verantwortung tragen.

Und gib uns einen wachen Blick – nicht zum Verurteilen, sondern zum Ermutigen.

Amen!


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